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Geschieden von der schlechten Rotte
Des Volkes sitzt der Edelreine

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In seiner lieben Ahnengrotte

So kühl, erhaben und alleine.

Vorüber braust an seinem Saale
Das Volk mit Noth- und Dampfgewerben,
Sie schwingen ihm die Festpokale,

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Man lebt, und eilt für ihn zu sterben.


Doch Ruh’ ist in des Edlen Kammer,
Daß er die Lebensmüh’ nicht spüre,
Und jeden Seufzer muß der Jammer
Verschlucken still vor seiner Thüre.

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O köstlich ist die stille Schonung,

Denn deutlich hört’s der Mann der Gnaden,
Wenn süß ertönt um seine Wohnung
Die Luft von meinen Serenaden.

Er setzt in Noten sich mein Ständchen,

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Bewundernd singen es die Schranzen,

Und morgen muß allwärts im Ländchen
Das Volk nach meinem Liede tanzen.




Empfohlene Zitierweise:
Nicolaus Lenau: Nicolaus Lenau’s dichterischer Nachlaß. J. G. Cotta, Stuttgart und Augsburg 1858, Seite 94. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lenau_-_dichterischer_Nachlass,_1858.djvu/114&oldid=- (Version vom 22.4.2023)