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unverständlich sind. Ebenso ist es auch im Morgenlande, wo das Volk noch völlig unberührt ist von dem Einflusse der modernen Litteratur und sich nur von der frischen, urwüchsigen, aus ihm selbst sprudelnden Poesie nährt. Dort ist die Volksdichtung noch im besten Lebensalter, sie entzückt noch Jung und Alt und der Sänger oder Dichter findet überall tausende, die ihm mit Freude lauschen und Beifall spenden.

Der Hauptherd der orientalischen Volkspoesie ist Persien und hier war die Dichtkunst lange Zeit eine alle Länder Vorderasiens überstrahlende Sonne, deren Lichtstreifen auch Armenien und Georgien erreichten und überall zündend wirkten. In ersterem Lande spielten schon in der heidnischen Zeit die Sänger eine wichtige Rolle. Sie standen sämtlich unter dem Schutze des armenischen Apollo, dessen Tempel sich im Gebiete von Taron befand. Hier empfingen sie die Weihe und versammelten sich oft, um vor einem zahlreichen Volkshaufen Wettkämpfe abzuhalten. Als in Armenien das Christentum eingeführt wurde,

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Arthur Leist: Litterarische Skizzen. Wilhelm Friedrich, Leipzig [1886], Seite 4. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:LeistLitterarischeSkizzen.pdf/8&oldid=- (Version vom 1.8.2018)