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befreite sie vom Perserjoche. Das hierauf bezügliche Gedicht heisst „Die Nachtigall (sochak) von Awarairi“ und beginnt mit folgender Einleitung:

„Was ziehest du, o Mond, so still dahin
Und giesst des Silberlichtes matte Strahlen
Auf Berg und Flur und dunkler Wälder Grün,
Und mich, den Greis, der ich allein, von Allen
Verlassen hier zu mitternächt’ger Zeit
Herumirr’ auf dem Awarairgefilde,
Wo unsre Väter sich dem Tod geweiht,
Wo Persiens Lanze brach an unserm Schilde!
Wo sie, die Unvergleichlichen gefallen,
Um ruhmumglänzt dann wieder aufzustehn.
Kommst du hierher aus deinen Himmelshallen,
Aus deinen ewig azurblauen Höh’n,
Um über diese heiligen Gebeine
Hier auszubreiten einen Trauerflor,
In Gold gewebt aus deinem Strahlenscheine?
Ziehst aus den Wolken du vielleicht hervor,
Um mit dem hier so reich vergoss’nen Blute
Zu röten deinen hellen Strahlenkranz?
Bist du betroffen heute noch vom Mute?
Mit dem einst Wartan hier, umflort von Glanz,
Als Held in der Entscheidungsschlacht gefallen,
Als er in Feindesherzen trug den Tod
Und seine Seele liess zum Himmel wallen,
Wo er nun thront als Heiliger bei Gott?
Auch du Tygmut,[1] du lispelst still und bange
Und windst dich klagend durch das Schilfgefild,

  1. Tygmut, der Name eines Flusses.
Empfohlene Zitierweise:
Arthur Leist: Litterarische Skizzen. Wilhelm Friedrich, Leipzig [1886], Seite 47. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:LeistLitterarischeSkizzen.pdf/51&oldid=- (Version vom 1.8.2018)