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Die Liebe berauscht ihn mitunter gar sehr, so sehr, dass er die Geliebte nicht überleben will und ein charakteristisches „après nous le déluge!“ ausruft:

Willst du dein Haupt dem Tode weih’n,
Bin ich bereit, mit dir zu sein.
Nach uns mag alle Welt verderben,
Das Menschenvolk vor Hunger sterben!

Bei aller Gefühlsschwärmerei ist doch Sajat-nowa ein ernster Philosoph, und wenn er sich auch noch so sehr dem Genusse der Freude ergiebt, lässt er doch die höheren Ziele des Lebens nicht aus den Augen. Der Mittelweg scheint ihm der beste zu sein, wenn er auch dann und wann denselben verlässt:

Hier feiern sie ein Hochzeitsfest,
Dort schwindet hin des Lebens Rest,
Hier lustige Gespräche schallen,
Dort Büsser hin zur Kirche wallen,
Hier beten sie mit Inbrunst schwer,
Dort klingen Liebeslieder her.
Folgst du der Seele nur hienieden,
So bleibt der Leib stets unzufrieden.
Sei weder Leibs- noch Seelenschinder,
Du Sajat-nowa, armer Sünder!

Von seinem Sängerberufe hat er einen sehr hohen Begriff, er nennt sich den „Lehrer

Empfohlene Zitierweise:
Arthur Leist: Litterarische Skizzen. Wilhelm Friedrich, Leipzig [1886], Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:LeistLitterarischeSkizzen.pdf/18&oldid=- (Version vom 1.8.2018)