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Tagen reiche Sängerlaufbahn. Beim Lesen seiner Lebensgeschichte kommt einem unwillkürlich das Bild der längst entschwundenen liebesglühenden und von schönen Frauen begünstigten Trubadure vor die Augen, denn Sajat-nowa war ein Sänger, der wenn er auch viel von der Eitelkeit alles Irdischen sprach und oft sehr ernst wurde, dennoch von Blume zu Blume hüpfte und ein Günstling der schönen Frauen war. Sein Lied, voll von Duft und von Farben, seine Stimme voll Wohlklang und sein Kamantschaspiel, bestrickten die Herzen der Frauen und erwarben ihm ihre Gunst und Liebe. Gar oft, wenn er in den Darbasen (Sälen) der georgischen Fürsten seine Lieder sang und dabei die Kamantscha spielte, sassen im „bunten Kranze die Schönen um ihn her“ und der Blick seines von Dichterglut verklärten Auges mag wohl in manchem Frauenherzen Liebe entzündet haben, denn er war ja ein Held, ein gefeierter Mann und wenn auch beim Gelage der Wein in Strömen floss, so bot doch seine „Kamantscha die Hälfte des Festgenusses“.

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Arthur Leist: Litterarische Skizzen. Wilhelm Friedrich, Leipzig [1886], Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:LeistLitterarischeSkizzen.pdf/16&oldid=- (Version vom 1.8.2018)