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seinen Gesang mit der Geige begleitet. Ihm sind das Lied und die Geige „Seele und Leben“. Die neu improvisierten Lieder verbreiten sich sehr schnell unter dem Volke und werden meistens so lange gesungen, bis sie nicht durch neue verdrängt werden, denn der Geschmack des Volkes ist in dieser Hinsicht sehr veränderlich. Oft geschieht es auch, dass weniger begabte Sänger die Lieder anderer für eigene ausgeben, wobei sie jedoch die letzte Zeile des Liedes ändern müssen, denn die schliesst immer oder doch meistens mit dem Namen des Verfassers ab. Der Name, dessen sich hierbei die Sänger bedienen, ist ein erdachter und so zu sagen ein Künstlerpseudonym, das sie gewöhnlich annehmen, wenn sie zum erstenmale vor das Volk treten.

Die meisten Sänger sind Blinde und daher stammt auch teilweise das Ansehen, das sie allenthalben besitzen. Der Blinde, dem die Aussenwelt verschlossen ist, lebt ganz in der Welt des Geistes, seine Empfindungen sind stärker als die anderer Menschen. Was andere mit dem Auge des Körpers sehen, sieht er

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Arthur Leist: Litterarische Skizzen. Wilhelm Friedrich, Leipzig [1886], Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:LeistLitterarischeSkizzen.pdf/11&oldid=- (Version vom 1.8.2018)