landschaftlichen Umgebungen der Versuchung in der Wüste, und Christus am Oelberge – wären die Figuren selbst nur nicht so mißrathen – mit reger Phantasie und in guter Praktik dar. Unter den kleinern zeichnen sich die Heimkehr aus der Kapelle und Mondes-Aufgang aus. Hindern die bürgerlichen Verhältnisse einen so durchaus wackern Dilettanten, Mitglied einer Akademie zu seyn, so sollte er wenigstens Ehrenmitglied derselben werden. Früher schon hätte ich von Friedrich, Mitglied der Akademie, sprechen sollen, welcher zwei Landschaften im Mondschein in seiner beliebten, genialen Manier gegeben hat. Die eine stellt eine Gegend von einer Stadt vor, wo Fischernetze aufgehangen sind, die andere die Meeresküste mit dem Anblick aufs Meer; zwei Männer schauen hinaus in die Wogen, man steht sie im Rücken. Tiefe Ruhe, fast schauerliche Stille herrscht in beiden, und versetzt das Gemüth in ernste Stimmung. Weniger zufrieden, als wohl sonst, mußte man dieses Mal mit den Arbeiten von C. Graff seyn. Seine Ansichten von italienischen Gegenden, sowohl in Oel, als en gouache, hatten sämmtlich, besonders aber die letztern, etwas Hartes, das wenigstens in dieser Maase ihnen sonst nicht eigen war, und ich halte es für Pflicht, den wackern, fleissgen Künstler darauf aufmerksam zu machen.
Doch der Anblick italienischer Landschaften, welche den Stempel des Ideellen schon in sich selbst tragen, hat mich unwillkührlich zu der Kunst, welche die Natur, oder bereits gegebene Kunstwerke nachahmt, hinübergeführt, ob dieser Uebergang gleich füglicher durch die, wenn auch nicht wundervollen, doch wunderbaren Arbeiten des Herrn Ritter von Brenna, welche wieder in ihrer grün und gelben Herrlichkeit reichlich aufgestellt waren, zu machen gewesen wäre, und da darf ich bei den Landschaften nach der Natur durchaus nicht vergessen zuerst dir höchstanmuthige Ansicht von Töplitz, von Hammer, Mitglied der Akademie anführen, dle ungemein wahr, zart und duftig gearbeitet ist. Auch des Prof. Richter Ruinen der Kirche zu Allerheiligen, ebenfalls Sepiazeichnung, wie die vorige, ist zu loben.
Nun zu den Portraits. Hier bin ich zweifelhaft, welchem unter zweien ich die Palme darreichen soll; der im höchsten Licht gehaltenen, und doch treflich gerundeten tizianischen Gestalt einer jungen Dame in Lebensgröße, von Prof. Hartmann, oder dem männlichen Brustbilde vom Prof. Matthäi, welches mit kräftigem Pinsel in ergreifender Wahrheit und gewinnender Einfachheit gearbeitet ist. Besticht mich bei dem einem die Lieblichkeit, so ergreift mich bei dem andern der milde Greisenernst. Erblicke ich in jenem die liebenswürdige Tochter eines hiesigen, sehr geachteten Künstlers, so stellt mir dagegen das andere den allgemein geliebten Campe zu Braunschweig dar, und der Grazie des einen steht die Milde des andern, dem glänzenden Colorit von jenem, die einfache Ruhe von diesem gegenüber. Kurz, beide Meister haben etwas sehr Vorzügliches geliefert. Es war auch von jedem derselben noch ein andres braves Portrait zu bemerken. Dicht an sie reiht sich der Prof. Rösler, mit dem Portrait einer schwarzgekleideten Dame in Lebensgröße. Es erinnert sehr an Vandyk in vielen ungemein gelungenen Parthieen, und um wahrer Kunst hat er das schwarze Gewand gehoben; auch die Carnation des Kopfes hat sehr viel Ruhiges und Gutes. Die Idee, die Trauernde von dem Betstühle vortreten zu lassen, ist sehr brav. Don den beiden verdienstvollen Gemälden des Prof. v. Kügelgen will mir die Anordnung in dem größern, eine Mutter mit zwey Kindern, nicht recht gefallen, da besonders die Costümes der Mutter und des Knaben so sehr abstechend gewählt sind, so viel Braves das Gemälde übrigens auch hat; dagegen verweilte ich sehr gern und mit innigem Wohlgefallen bei dem kleinern Gemälde, ebenfalls einem reizenden weiblichen Portrait, welches im Colorit ungemein schön ausgeführt, und in seiner milden Sehnsucht recht idealisch gehalten ist. Aus der Grassischen Schule bemerkte ich das Portrait einer Mutter mit ihrem Kinde, vom Unterinspector Schweigart, das besonders im Kinderköpfchen, und in den Augenparthieen der Mutter verdienstlich gearbeitet ist. Ein weibliches Portrait von Retzsch war etwas grau gehalten, jedoch nicht ohne Zeichen von Talent.
Außerdem gab es noch eine gewaltige Menge von treuen Abschriften der Nasen, Augen, Lippen, Wangen und Stirnen ehrlicher Leute beiderlei Geschlechts, die für die Angehörigen reche angenehm und ergötzlich seyn mochten, aus dem Gesichtspunkte der Kunst aber betrachtet, wenig Beachtenswerthes darboten.
Unter den Copisten zeichneten sich die Arbeiten des Fräuleins Therese von Winkel, besonders die heilige Nacht nach Carlo Maratti, und die Madonna mit dem Jesuskinde nach Holbein, jedoch mit Weglassung des ehrlichen Bürgermeisters und seiner Familie aus. Amor in Pastell nach Mengs, und die kleine Lionerin nach Liotard, eben so gemalt, von Milde, war auch recht gut gerathen.
Blumen und Bruchstücke lieferten nicht ohne Verdienste Friedrich und Therese Richter, auch zeigte der erstere im brütenden Rebhuhn gute Anlagen zur Thiermahlerei.
Unter den Kupferstechern für historische Gegenstände kann man nur Gottschick erwähnen, welcher einen Johannes den Täufer nach Grassi gestochen hat. Alles andre dieser Are war zu sehr Anfänger-Arbeit. Im landschaftlichen Fache dagegen zeigten Veiths kleine Landschaften, Umgebungen von Frankfurt am
Unbekannt: Einige Worte über die diesjährige Dresdner Kunstausstellung im August 1817. F. A. Brockhaus, Leipzig 1817, Seite 75. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Leipziger_Kunstblatt_Dresdner_Kunstausstellung_1817.djvu/9&oldid=- (Version vom 21.9.2024)