Arabesken, Blumen und Köpfen noch ein anderes hinweggetragen: das bewußte Interesse und die Freude an beschränkten, aber friedvollen und heiteren Existenzen mit ihrer Komik und ihrem Glück.
Als Köhler sah, daß er seinem Schüler nichts mehr bieten könne, gab er ihm den Rat, in die ein sicheres Brot verheißende Zeichen- und Malschule der Königl. Porzellanmanufaktur einzutreten, die damals von Scheinert dirigiert wurde. Dieser aber, welcher sich durch einige Proben schnell überzeugte, daß in dem Knaben mehr als ein bloß kopierender Künstler steckte, empfahl ihn an die Königl. Akademie der bildenden Künste zu Dresden, welche den Vierzehnjährigen denn auch im Oktober 1857 aufnahm. Der Studiengang Oehmichens war ein regelmäßiger und erfolgreicher, und namentlich der Professor der Malklasse Adolf Ehrhardt, unter dessen Leitung er im Herbst 1860 gelangte, ließ es sich angelegen sein, ihn durch Zuweisung von Arbeiten und Stipendien für die hohe Kunst zu erhalten. Im Jahre 1861 erfolgte der erste Auftrag, nämlich das Bildnis seines alten Dorflehrers zu malen, welches die Gemeinde Brockwitz für ihre Kirche zu haben wünschte. Dann gewann er, in Hübner’s Atelier eingetreten, bald nach einander die kleine silberne und die kleine goldene Medaille, erstere im Jahre 1862 durch ein weibliches Brustbild und ein Gemälde „Aschenbrödel“, welchem ein von dem Dresdner Kunstverein angekauftes „Schneewittchen“ folgte, letztere durch den „Großvater, die Seinen segnend“ im Jahre 1864. Dieses Bild erwarb der König Johann, und indem sich der gütige Fürst über dasselbe in anerkennender und ermutigender Weise gegen dessen Urheber aussprach, erweckte er in ihm die frohe Zuversicht, sich wirklich zu den Künstlern zählen zu dürfen.
Indessen spricht sich in den bisherigen Bildern das eigentliche Talent Oehmichens noch nicht aus. Indem er sich ganz der Darstellungs- und Malweise Hübners anschloß, übertrug er auf seine kleinen Gegenstände den Stil und die Farbe der großen Historie und blieb nur korrekt, wo er interessant und fesselnd hätte werden sollen. Zuerst tritt die eigenste Neigung des jungen Künstlers in den beiden folgenden Bildern „Der Schulausgang,“ 1865 von dem sächsischen Kunstverein zur Verlosung erworben und gewonnen von Gustav Halberstadt in Leipzig, und „Das Mutterglück,“ im folgenden Jahre von einem Berliner Kunsthändler erworben, einigermaßen hervor, aber man sieht es den Figuren an, daß sie erdacht, aber noch nicht wirklich beobachtet sind, und die Gewohnheit zu idealisieren wirkt auf diese Darstellungen in der Weise ein, daß statt frischer
Wilhelm Loose: Lebensläufe Meißner Künstler. C. E. Klinkicht & Sohn, Meißen 1888, Seite 72. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lebensl%C3%A4ufe_Meissner_K%C3%BCnstler.pdf/78&oldid=- (Version vom 13.12.2024)