Leipzig mit dem Auftrage an mich heran, eine Anzahl Aquarellen nach Motiven aus der sächsischen Schweiz und der Dresdner Umgebung für ihn zu malen. Diese Arbeiten haben mir viele Freunde erworben. 1881 illustrierte ich für den Verlagsbuchhändler Stilke in Berlin „Kinderlieder und Reime“ und im folgenden Jahre den „Märchenstrauß für Kind und Haus“. Damit eröffnete sich mir ein neues Feld, das zu den alten Freunden viele neue brachte. Inzwischen hatte ich 1883 meine Stellung als Professor an der Dresdner Akademie aufgegeben und war nach Berlin übergesiedelt. Der Abschied wurde mir nicht leicht, vor allem die Trennung von meinem Meister Richter, zu dem ich im Jahre 1873 auch in ein verwandtschaftliches Verhältnis getreten war durch meine Verheiratung mit Richters Enkelin Margarethe Gaber. Richter sah ich lebend nicht wieder. Ihm sei Dank für all seine Liebe und Hingebung und das rührende Interesse für meine Kunst und meine Person. Meine Thätigkeit in Berlin, wo ich nun fast vier Jahre bin, ist ziemlich mannigfaltig: dekorative Arbeiten für Luxusbauten, Kartons für Glasmalereien, u. a. für die Sakristeifenster der Berliner Dreifaltigkeitskirche reihen sich an illustrierte Werke wie: Rübezahl und Christkind (1883), Abenteuer und Schwänke von Baumbach (1884), Kindesengel (1885), Sommermärchen von Baumbach (1885), Fröhliche Jugend (1886), Nesthäkchens Zeitvertreib (1887), in Vorbereitung: Weihnachtsmärchen (1888). Dazwischen male ich Aquarellen, besonders aus der sächsischen Schweiz, deren Natur mir viel Anregung gegeben hat.“
Die Aquarellzeichnungen Mohns, vorwiegend Scenerien der sächsischen Schweiz, fanden 1880 auf der Dresdner Kunstausstellung die verdiente Anerkennung. Sie sind Kunstwerke von eigenartigem Zauber, zumal durch die Verbindung der Federzeichnung mit der Farbe. Besonderen Reiz haben aber seine Illustrationen zu Kinderschriften, voran sein Märchenstrauß, in dem etwas von dem Geiste Ludwig Richters und Moritz Schwinds waltet. „Reich und doch bescheiden“ – schreibt Dr. Jordan, der Direktor der Berliner Nationalgalerie –, „gleich dem Blütenbaum im Frühling, der von seiner Pracht nichts weiß, schütten diese anmutigen Schildereien zu den uralten Kindergeschichten eine Fülle von Poesie über uns aus. Es zieht wie Waldesrauschen und Glockenton durch die Blätter des Buches, und dieser heilige Wohllaut wird im Herzen des deutschen Volkes immerdar Wiederhall finden.“ Und einer, der es recht beurteilen konnte, Klaus Groth, nannte den Märchenstrauß das schönste aller Kinderbücher, das ihm je vor Augen gekommen sei.
Wilhelm Loose: Lebensläufe Meißner Künstler. C. E. Klinkicht & Sohn, Meißen 1888, Seite 68. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lebensl%C3%A4ufe_Meissner_K%C3%BCnstler.pdf/74&oldid=- (Version vom 20.12.2024)