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auf, oder schaute träumerisch von den Hügeln ringsum auf die Türme und Giebel. Mehr und mehr erschloß sich ihm dabei der reiche malerische Reiz von Stadt und Land; er griff zum Stift und zur Zeichenfeder und es entstanden die 24 Meißner Skizzen in Federzeichnungen (Dresden, Verlag von Gilbers). Mit noch wenig geübter Hand und doch bereits mit nicht geringer Sicherheit des Strichs treu hingezeichnet, verraten sie deutlich den hochbegabten Autodidakten, der ohne regelrechten künstlerischen Unterricht sein scharfes Auge fast ausschließlich durch fleißiges Betrachten von Kupferstichen und Holzschnitten gebildet und vor allem die Kompositionen Ludwig Richters seinem Gedächtnisse fest eingeprägt hat. Diese erste Arbeit half ihm nicht blos über seine Sorgen hinweg, sondern führte ihn auch in das Seilersche Institut für Glasmalerei in Breslau, wo er neben der Arbeit in der Werkstatt seine Zeichenstudien fortsetzte. In dem Grafen von Hoverden fand er einen Gönner. Fünf Jahre lang bereiste er in dessen Auftrag die Provinz Schlesien, um für die gräfliche Sammlung hunderte von alten Grabsteinen zu zeichnen. Diese Arbeit hatte für ihn das Gute, daß sich sein Talent für eine blos durch den Strich und durch den Gegensatz von Licht und Schatten wirkende Darstellungsweise entwickelte. Um diese Zeit machte Mannfeld auch die ersten Versuche mit der Radiernadel. Sie gelangen, und schon in wenig Jahren hatte er der neu aufblühenden Technik eine allgemeine Teilnahme erworben. Grundlegend dafür wurde sein Prachtwerk: Durchs deutsche Land. Malerische Stätten aus Deutschland und Österreich in Originalradierungen. 2 Bände. 1877 und 1878. Es ist ein Werk des eingehendsten Fleißes und des sichtbaren Fortschrittes. Daneben zeichnete er für die Illustrierte Zeitung, für Gartenlaube, Daheim, Über Land und Meer die verschiedensten Dinge auf Holz. Die Illustrierte Zeitung entsendete ihn 1873 auf die Weltausstellung nach Wien. Zurückgekehrt nahm er seinen festen Wohnsitz in Berlin, wo er seitdem sein künstlerisches Schaffen entfaltet hat. Die nachfolgenden Radierungen Mannfelds Moritzburg, Bingen, Bacharach, das 1880 entstandene vorzügliche Blatt des vollendeten Kölner Doms mit seiner Fülle architektonischer Details und die in großen Zügen komponierte Landschaft des Rheingrafensteins bei Kreuznach (1881) erwarben ihm wie im Fluge Gunst und Anerkennung in den weitesten Kreisen. Daran schlossen sich 1882 Köln und Heidelberg mit ornamentaler Umrahmung. Als Gegenstück zu Rheingrafenstein folgte „Die Loreley“, ein Blatt, in welchem infolge des ernsten Studiums der Menzelschen Kunst in der Art der Behandlung eine vollständige Änderung


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Wilhelm Loose: Lebensläufe Meißner Künstler. C. E. Klinkicht & Sohn, Meißen 1888, Seite 59. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lebensl%C3%A4ufe_Meissner_K%C3%BCnstler.pdf/65&oldid=- (Version vom 21.12.2024)