edle Meister mir recht gegeben, daß ich gegen so frivole Zumutungen, wenn auch in jugendlicher Hitze etwas heftig, loszog. Ich erhielt einen Brief meines Meisters, in welchem er sein Bedauern aussprach, daß ich nicht mehr sein Schüler sein könne. Obwohl ich schon lange Zeit das Atelier nicht besucht hatte, so traf mich dieser Schlag doch tief innerlich; ich fühlte mich wie verfemt. Der Abschluß des innern Kampfes war, daß ich Gott um Kraft bat, beweisen zu können, daß ich diesen Schlag nicht verdient habe, und mein edler Meister Schnorr hat später mit der That, als er den rechten Sachverhalt erfuhr, tausendfältig alles wieder gut gemacht. Für meine künstlerische Entwickelung war diese Relegierung gar nicht so unglücklich; anfangs mußte ich zwar noch fortillustrieren, doch kam eines schönen Tags der Maler Karl von Binzer, der Sohn des berühmten Burschenschafters, und erzählte mir, daß er einen großen monumentalen Auftrag für den Grafen Hohenthal im Schloß Dölkau auszuführen habe. Er bat mich, ihm die Kartons zu seinen Kompositionen zu vergrößern; dies habe ich zu seiner großen Zufriedenheit gethan. Später ließ er mich auch einige selbständige Bilder ausführen. Ich lernte durch ihn die Fresko- und Temperamalerei kennen und malte unter seiner Leitung meine ersten Wandbilder, die allegorischen Gestalten Religion, Kraft und Sieg und zwei Trompeterchöre. Karl von Binzer war ein schöner, hochgebildeter, sehr talentvoller Maler; er wirkte in verschiedener Weise sehr günstig auf mich ein. An der Dresdner Akademie war trotz des vielen Vortrefflichen, was sie bot, doch eine gewisse Angstmachung fühlbar; ich hatte immer mit Zittern und Zagen eine Arbeit begonnen; durch Binzer bekam ich einen freiem Blick über vielerlei; er stärkte meinen Mut und mein Selbstvertrauen, so daß ich es wagte, an große monumentale Entwürfe zu denken. Obwohl Binzer älter und mir gegenüber ein fertiger Künstler war, so trog er mir doch seine Freundschaft an, und als er nach Weimar berufen wurde, begleitete ich ihn. Wir verlebten den Winter daselbst, wo ich unter andern ein Ölbild „Opfer Abrahams“ ausführte, welches in den Besitz der Herzogin von Sagan kam. – Das Leben in Weimar war sehr anregend. Der Großherzog war und ist gewiß noch ein sehr kunstsinniger hoher Herr; er besuchte oft unser Atelier. Den Malern Genekli, dem alten Preller, Wislicenus, Graf Kalkreuth, Graf Harrach, von Wille, dem Dichter Hoffmann von Fallersleben, Staatsanwalt Genast, Liszt und noch manchen andern bedeutenden Persönlichkeiten begegnete man oft im engern Verkehre; ich trat einigen, besonders dem genialen Genelli, sehr nahe. Den Sommer über
Wilhelm Loose: Lebensläufe Meißner Künstler. C. E. Klinkicht & Sohn, Meißen 1888, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lebensl%C3%A4ufe_Meissner_K%C3%BCnstler.pdf/27&oldid=- (Version vom 8.12.2024)