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welche Weise kann der Staat die volkswirtschaftlichen Reserven, die Rohstoffe und Arbeitskräfte, in den Dienst des Kriegsbedarfes stellen?

Der Staat hat gewiß die Möglichkeit, alle innerhalb seines Machtbereiches vorhandenen Gütervorräte und die gesamten verfügbaren Arbeitskräfte, ganz ohne Rücksicht auf den Inhalt seiner Kassen, für Zwecke der Kriegführung in Anspruch zu nehmen. Er kann sie requirieren, und dies tut er auch in größtem Umfange im eroberten Feindeslande. Innerhalb seiner eigenen Volkswirtschaft macht der Staat heute aus dem Requisitionsrechte nur in sehr geringem Umfange Gebrauch. Aus recht naheliegenden Gründen: stets gab der Bauer dem Kaiser mit Freude seinen Sohn, aber nur mit Murren seinen Ackergaul. Das Murren war gleichgültig, solange der Bauer nicht wesentlich mehr geben konnte, als was ihm bei Kriegsbeginn weggenommen wurde; es ist ganz und gar nicht gleichgültig, wenn der Staat während der ganzen Kriegsdauer fortgesetzt auf Güterlieferungen der Wirtschaft angewiesen ist. Im gegenwärtigen Kriege hat nur einer der kriegführenden Staaten innerhalb seines eigenen Wirtschaftsgebietes aus dem Requisitionsrechte einen weitgehenden Gebrauch gemacht, der russische Staat, und dieser mit einem recht problematischen Erfolge. Die durch Kohlen- und Rohstoffmangel ohnehin beeinträchtigte Leistungsfähigkeit der russischen Industrie wurde durch Requisitionen abermals geschwächt; der Unternehmer, der für seine Lieferungen

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Julius Landmann: Die Kriegsfinanzen der Großmächte. Buchdruckerei zum Basler Berichtshaus, Basel 1915, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:LandmannKriegsfinanzen.pdf/9&oldid=- (Version vom 1.8.2018)