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Hieraus ergibt sich, dass die Hof- und Landesbibliothek diejenige Selbständigkeit geniesst, welche von Sachverständigen neuerdings für Bibliotheken überhaupt und besonders für die deutschen Universitätsbibliotheken erstrebt wird. Es ist über die Zweckmässigkeit einer derartigen Organisation so viel in der letzten Zeit verhandelt worden, dass ich nicht hoffen kann, einen neuen Gesichtspunkt für die Frage zu finden. Dagegen wird es als ein bescheidener Beitrag zur Klärung der Angelegenheit vielleicht nicht ungünstig aufgenommen werden, wenn ich diejenigen Erfahrungen mit wenigen Worten zusammenstelle, welche ich in dieser Beziehung gemacht habe.

Es werden hauptsächlich zwei Fragen verhandelt: 1) Ist es rathsam, die Oberleitung einer Bibliothek mit andern Aemtern, insbesondere mit einer Universitätsprofessur, zu verbinden; 2) soll man den Bibliothekbeamten eine Commission zur Seite stellen? In Bezug auf die erste Frage tritt noch die besondere Erwägung hinzu, ob man von dem Director der Bibliothek eine bibliothekarische Fachbildung verlangen soll. Im Allgemeinen ist man geneigt, anzunehmen, dass ein Gelehrter selbstverständlich auch Bibliothekar sein könne. Diese Annahme beruht auf Unkenntniss der technischen Manipulationen, aus welchen sich die Bibliothekgeschäfte grossentheils zusammensetzen. Ein Gelehrter mag die Auswahl der anzukaufenden Bücher und die bibliographische Beschreibung derselben richtig besorgen können, ohne ein Verständniss zu haben für die kaufmännischen Beziehungen des Buchhandels, für Buchbinderei, für die mechanische Behandlung der Bücher in der Signatur und Aufstellung, namentlich aber für das organische Ineinandergreifen der wissenschaftlichen Katalogarbeit, der verwaltungsmässigen Buchführung und der mechanischen Ordnung in der Büchersammlung selbst. Von einem Universitätsprofessor wird in Deutschland mit vollem Recht erwartet, dass er sich seiner Lehrthätigkeit hingibt und seine wissenschaftlichen Forschungen schriftstellerisch verbreitet. Es gibt in diesem Stande zweifelsohne praktische Männer, welche sich zugleich für das Verwaltungsfach – wozu die Bibliothekdirection ja gehört – eignen würden. Aber in je höherem Grade Letzteres der Fall ist, um so mehr wird der Lehrer und Schriftsteller in die Versuchung kommen, seinem eigentlichen Berufe einen Theil der Arbeitskraft zu entziehen. Unter solchen Verhältnissen ist es für eine gewissenhafte Natur zweifellos, dass die schriftstellerische Thätigkeit, weil sie privaten Charakters ist, leiden muss. Ich könnte diese Behauptung durch ein hervorragendes Beispiel, welches ich zu beobachten Gelegenheit hatte, erläutern. Leider tritt aber meistens der umgekehrte Fall ein, dass nämlich Universitätsprofessoren nicht die erforderliche Erfahrung oder nicht die Verwaltungsfähigkeiten besitzen, welche zur Bibliothekdirection unentbehrlich sind. Daher kommt es, dass Oberbibliothekare von der technischen Befähigung ihres Personals abhängig werden, indem ihnen die Routine abgeht, vorhandene Mängel in der Geschäftsführung zu erkennen und zu heben. In der That sollte es Grundsatz werden, dass die Bibliothekare ebenso eine fachmännische Schule durchmachten, wie die übrigen Verwaltungsbeamten im Staatsdienste. Dass ich principiell die Trennung der Bibliothekdirection