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Walther Kabel: Kriege und Raubtiere (Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Band 3)

waren. Hierbei wurden an einem Tage 121 Wölfe, 62 Schakale und 36 Füchse erlegt. Tatsache ist auch, daß von Rumänien her, wo der Wolf noch häufiger als in den übrigen Balkanstaaten zu finden ist, eine auffallend große Zahl dieser Tiere über die Grenze wechselte. Die Annahme, daß alle diese Leichenräuber, geflügelte und ungeflügelte, durch den Schlachtenlärm auf oft geradezu unglaubliche Entfernungen angelockt werden, ist nach all diesen vollverbürgten Beobachtungen aus jüngster Zeit nicht mehr von der Hand zu weisen.

In der Geschichte der größeren Kriege stößt man überall auf ähnliche Beobachtungen. Während des Dreißigjährigen Krieges waren gerade die Gebiete Europas, die die Hauptkampfplätze bildeten, von einer vorher nie gekannten Anzahl von Wölfen überschwemmt. Nachdem die unselige Kriegszeit endlich vorüber war, erließen viele Städte Mitteldeutschlands die sogenannten Wolfsverordnungen, die eine gründliche Beseitigung der Raubtierplage bezweckten. In den Winterfeldzügen Friedrichs des Großen in Sachsen und Schlesien hatten die kämpfenden Armeen ständig ein Gefolge von Wolfsrudeln und Krähen- und Rabenscharen. Wie zahlreich besonders die Wölfe sich, leichte Beute witternd, zusammengefunden hatten, geht daraus hervor, daß nach dem Tagebuche des österreichischen Obersten v. Langerski einmal ein ganzer nach Dresden bestimmter Transport von über hundert Pferden in den Ausläufern des Erzgebirges von den frechen Bestien, die plötzlich in starken Rudeln aus dem Walde hervorbrachen, zersprengt und mit Ausnahme von einigen zwanzig Pferden vernichtet wurde, wobei auch von den begleitenden Kavalleristen sechs den Tod fanden.

Daß das Heer Napoleons auf dem denkwürdigen Zug nach Rußland von Wolfs- und Krähenscharen hartnäckig begleitet wurde, ist genugsam bekannt. Schließlich sei nur erwähnt, daß auch im Kriege 1870/71 bei den Wintergefechten um Belfort eine erhebliche Zunahme der Wölfe festgestellt wurde. Ein Mitkämpfer der Werderschen Armee, Hauptmann v. Rauch, berichtet folgendes: „Mit der zunehmenden Kälte wurde auch

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Walther Kabel: Kriege und Raubtiere (Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Band 3). Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1915, Seite 205. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kriege_und_Raubtiere.pdf/4&oldid=- (Version vom 1.8.2018)