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37) Abweichend von dem lateinischen Texte: „Quoniam declivitas aequinoctialis ad lineam per revolutionem diurnam detornat sibi tropicum hiemalem parallelum, secundum distantiam, quam sub angulus inclinationis comprehendit“, habe ich mir erlaubt, hier zu lesen: Quoniam per declivitatem aequinoctialem ad lineam revolutio diurna detornat tropicum hiemalem parall. etc. In dem Verbum detornare scheint die declivitas aequinoctialis nicht wohl das Subject sein zu können, vielmehr die revolutio diurna, und es erhellt nicht, welche Beziehung dann das sibi haben sollte.


38) In dem Original-Manuscripte folgen auf diese Schlussworte zwei und eine halbe Seite, welche mit sehr schwarzer Dinte ausgestrichen sind, und mit denen Copernicus beabsichtigte, das erste Buch zu schliessen. Die Capitel 12, 13 und 14 machten ursprünglich mit dem Verzeichnisse der Sehnen das zweite Buch aus, welches Copernicus theils durch Streichen, theils durch Abkürzen mit dem ersten Buche verbunden hat. Die Herausgeber der Säcular-Ausgabe haben das von Copernicus Gestrichene in den Bemerkungen hinzugefügt, und diese Worte lauten in deutscher Uebersetzung, wie folgt:

Wenn wir auch zugeben wollen, dass der Lauf der Sonne und des Mondes auch bei Unbeweglichkeit der Erde abgeleitet werden könnte, so ist dies doch bei den übrigen Planeten weniger zulässig, und es ist anzunehmen, dass aus diesen und ähnlichen Ursachen Philolaus die Beweglichkeit der Erde erkannt habe; wie auch Einige sagen, dass Aristarch von Samos, wenn auch nicht durch jene Schlussfolgerung, welche Aristoteles (De coelo II. 14) anführt und zurückweist, bewogen, derselben Ansicht gewesen sei. Da aber dies der Art ist, dass es ohne scharfen Geist und ohne lange anhaltende Sorgfalt nicht begriffen werden kann, so ist es, wie Plato erzählt, damals den Philosophen meistens verborgen geblieben, und es hat nur Wenige gegeben, welche zu jener Zeit die Ursache der Bewegung der Gestirne gekannt haben. War es aber auch dem Philolaus oder irgend einem Pythagoräer bekannt, so ist es doch wahrscheinlich, dass sie es nicht den Nachkommen preisgegeben haben. Denn es war der Brauch der Pythagoräer, die Geheimnisse der Philosophie nicht in Büchern zu überliefern, noch Jedermann zu eröffnen, sondern lediglich der Treue der Freunde und Verwandten anzuvertrauen, und von Hand zu Hand weiter zu geben. Als Document für diese Thatsache giebt es einen Brief des Lysis an den Hipparch, den ich, wegen seiner beherzigenswerthen Gedanken, und damit erhelle, wie hoch sie die Philosophie unter sich schätzten, hier aufnehmen, und mit demselben dieses erste Buch schliessen möchte. Den Inhalt des Briefes habe ich aus dem Griechischen folgendermassen (nämlich ins Lateinische) übersetzt:

Lysis grüsst den Hipparch.

Nach dem Tode des Pythagoras hätte ich niemals geglaubt, dass sich die Verbindung seiner Schüler lösen würde. Obgleich wir aber wider Erwarten, wie durch einen erlittenen Schiffbruch, der Eine hierhin, der Andere dorthin verschlagen und zerstreut sind, so ist es doch heilige Pflicht, der göttlichen Lehren desselben eingedenk zu bleiben, und die Schätze der Philosophie nicht denen mitzutheilen, welche sich von der Reinigung des Geistes nichts haben träumen lassen. Denn es schickt sich nicht, Dasjenigen Jedermann preiszugeben, was wir mit so grossen Mühen erworben haben. Wie es auch nicht erlaubt ist, die Geheimnisse der eleusinischen Göttinnen gewöhnlichen Menschen zu eröffnen, und mit völlig gleichem Rechte würde das Eine oder das Andere für schlecht gesinnt und pflichtvergessen gehalten werden. Es lohnt der Mühe, zu überdenken, wie viel Zeit wir gebraucht haben, um die Flecken zu verwischen, welche auf unseren Gemüthern hafteten, bis wir nach Verlauf von fünf Jahren für seine Lehren empfänglich geworden waren. Wie die Maler nach der Reinigung die Farbe der Gewänder mit einer gewissen Beize befestigen, damit sie die unvertilgbare Färbung einsaugen, die nachher nicht leicht vergehen kann: so bereitete jener göttliche Mann die Freunde der Philosophie vor, damit er nicht in dem Vertrauen getäuscht werde, welches er in die Tüchtigkeit irgend Eines gesetzt hätte. Denn er verkaufte die Wissenschaft nicht als Waare, noch verband er mit dem Gebrauche der Wahrheit Schlingen, in denen manche Sophisten die Gemüther der Jünglinge fangen, sondern er war ein Lehrer in göttlichen und menschlichen Dingen. Manche Nachahmer seiner Lehre thuen Vieles und Grosses, aber in ungebührlicher Weise und nicht wie es sich schickt, einen Jüngling zu unterweisen, wodurch sie ihre Zuhörer rücksichtslos und unverschämt machen. Denn sie beflecken die reinen Sätze der Philosophie mit ungestümen und unreinen Sitten. Es ist dies so, als wenn jemand in einen mit Schmutz angefüllten, tiefen Brunnen[WS 1] reines, klares Wasser giesst; der Schmutz nämlich geräth in Unruhe, und lässt das Wasser hindurch. So geht es denen, welche in solcher Weise lehren und belehrt werden. Dichte und dunkle Wälder bedecken den Verstand und das Herz derjenigen, welche nicht in gehöriger Weise eingeweihet sind, und stören die ganze Milde und Besonnenheit des Geistes. Alle Arten von Lastern dringen in diesen Wald, welche verzehren und verhindern, dass irgend etwas Vernünftiges daraus hervorgehe. Als Mütter jener Eindringlinge wollen wir hauptsächlich Eigennutz und Habsucht nennen. Beide sind sehr fruchtbar. Denn der Eigennutz gebiert Unzucht, Völlerei, Schändung, wiedernatürliche Lüste und manche heftige Triebe, die zum Tode und zum Verderben führen. Manche nämlich hat schon die Begierde so sehr hingerissen, dass sie sich

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Bruunen