Auf welche Weise Venus mit der Bewegung der Erde zusammenhängt, und worin die Gleichmässigkeit ihrer Kreise zu finden ist, haben wir gezeigt. Es bleibt noch Merkur übrig, welcher sich ohne Zweifel demselben angenommenen Grundsatze fügen wird, obgleich er sich unter noch mehr Verhüllungen bewegt, als jene, ja als irgend einer von den vorher Besprochenen. Das steht durch die Erfahrung der alten Beobachter fest, dass Merkur seine kleinsten Abweichungen von der Sonne im Zeichen der Waage, grössere auf der entgegengesetzten Seite zeigt, wie das auch in der Ordnung ist; — er erreicht jedoch an diesem letzteren Orte nicht seine grössten, sondern an gewissen anderen, diesseits und jenseits, wie in den Zwillingen und im Wassermann, besonders zur Zeit des Antoninus, nach des Ptolemäus Meinung,[1] was bei keinem andern Planeten vorkommt. Da die alten Mathematiker, — welche glaubten, dass die Erde unbeweglich sei, und der Merkur sich in einem grossen excentrischen Epicykel bewege, — einsahen, dass ein einziger und einfacher excentrischer Kreis diesen Erscheinungen nicht genügen könne, auch wenn man annähme, dass dieser excentrische Kreis sich nicht um seinen eigenen, sondern um einen fremden Mittelpunkt bewegte: — so sahen sie sich aus jenem Grunde gezwungen, ausserdem anzunehmen, dass derselbe excentrische Kreis, während er den Epicykel leitete, sich auf einem andern kleinen Kreise bewege, wie sie einen solchen bei dem excentrischen Kreise des Mondes angenommen hatten; so dass es also drei Mittelpunkte gab, nämlich erstens denjenigen des den Epicykel leitenden excentrischen Kreises, zweitens den des kleinen Kreises, und drittens den Mittelpunkt desjenigen Kreises, den die Neueren den ausgleichenden nennen. Mit Uebergehung der beiden Ersteren, nahmen sie an, dass der Epicykel nur um den Mittelpunkt des ausgleichenden Kreises sich gleichmässig bewege, welcher doch dem wahren Mittelpunkte und dessen Beziehung, sowie den beiden anderen Mittelpunkten, ganz fremd ist. Auch glaubten sie, dass die Erscheinungen dieses Planeten auf keine andere Weise erhalten werden könnten, wie dies im Almagest[2] des Ptolemäus weitläufiger auseinandergesetzt ist. Um aber auch diesen letzten Planeten gegen die Unbill und den Vorwurf solcher Verläumder zu vertheidigen, und um bei diesem nicht weniger, als bei den anderen Vorhergehenden, unter der Annahme der Bewegung der Erde, seine Gleichmässigkeit darzuthun: — legen wir ihm, anstatt dessen, was man im Alterthume für einen Epicykel ansah, einen excentrischen Kreis eines excentrischen Kreises bei; aber in etwas anderer Weise, als bei der Venus, und zwar bewegt sich nichtsdestoweniger ein Epicykel auf jenem excentrischen Kreise, bei welchem der Planet nicht in der Peripherie, sondern in dessen Durchmesser sich hin und her bewegt, was ebenfalls aus gleichmässigen Kreisbewegungen herrühren kann,
Anmerkungen [des Übersetzers]
Nicolaus Copernicus: Nicolaus Coppernicus aus Thorn über die Kreisbewegungen der Weltkörper. Ernst Lambeck, Thorn 1879, Seite 308. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kreisbewegungen-Coppernicus-0.djvu/336&oldid=- (Version vom 29.3.2017)