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zulässt, als jene, wenn nur die nöthigen Beobachtungen einiger Oerter nicht fehlen. Werden nämlich die grössten Entfernungen derselben von dem mittleren Orte der Sonne auf beiden Seiten, des Morgens und des Abends, einander gleich gefunden: so können wir mit Sicherheit schliessen, dass in der Mitte zwischen jenen beiden Oertern der Sonne, die grösste oder kleinste Abside des excentrischen Kreises der Venus liege; und diese beiden lassen sich danach von einander unterscheiden, dass gleiche Bewegungen am Apogeum kleiner, am Perigeum grösser erscheinen. Für die übrigen Oerter endlich wird aus den Differenzen, um welche sie sich von einander unterscheiden, zweifellos erkannt, um wie viel sie von der grössten oder kleinsten Abside der Venusbahn entfernt sind, und wie gross die Excentricität derselben ist; wie dies Ptolemäus auf das Deutlichste dargestellt hat: so dass es nicht nöthig gewesen wäre, dies im Einzelnen zu wiederholen, ausser insofern die Beobachtungen des Ptolemäus selber, unsrer Annahme von der Bewegung der Erde angepasst werden müssen. Als erste dieser Beobachtungen nahm er, wie er sagt[1] diejenige, welche der Alexandriner Mathematiker Theon, im Jahre 16 Hadrian’s den 21sten Pharmuthi, in der ersten Stunde der folgenden Nacht anstellte; und dies war im Jahre Christi 132 den 8ten März in der Abenddämmerung[2]. Venus wurde in ihrem grössten östlichen Abstande, von dem mittleren Orte der Sonne um 47° 15′ entfernt, gesehen; während eben dieser mittlere Ort der Sonne nach der Berechnung in 337° 41′ der Fixsternsphäre lag. Hierzu fügte er eine andere eigene Beobachtung, welche er nach seiner Angabe im 4ten Jahre des Antoninus den 12ten Thoth bei anbrechendem Tage anstellte; also im Jahre Christi 140[3] bei der Morgendämmerung des 30sten Juli, wo, wie er sagt, die äusserste Grenze der Abweichung der Venus, als Morgensterns, von dem mittleren Orte der Sonne wieder 47° 15′, wie damals, gewesen ist. Der mittlere Ort der Sonne lag aber in 119° der Fixsternsphäre, und vorher hatte er in 337° 41′ gelegen. Also liegen die mittleren Oerter der Absiden zwischen diesen in der Mitte, nämlich in 48° 20′ und 228° 20′[4] einander gegenüber; addirt man zu Beiden 6° 40′ als die Präcession der Nachtgleichen, so erhält man 25° vom Stier und vom Scorpion, wie Ptolemäus angiebt; und hier mussten sich die grösste und die kleinste Abside der Venus gegenüberliegen. Zur weiteren Bestätigung dieser Thatsache, nahm er noch eine Beobachtung des Theon aus dem 4ten Jahre Hadrians bei der Morgendämmerung des 20sten Athyr, das war im Jahre 119 nach Christi Geburt den 12ten October früh[5], wo Venus wieder in ihrer grössten Entfernung von 47° 32′, von dem mittleren Orte der Sonne, welcher in 191° 13′ war, stand. Hiermit verband er seine eigene Beobachtung aus dem Jahre 21 Hadrians oder dem Jahre Christi 136, am 9ten Tage des ägyptischen Monats Mechir, also nach römischem Kalender den 25ten December, in der ersten Stunde der folgenden Nacht, wo der östliche Abstand wieder zu 47° 32′, von der mittleren Sonne in 265° gefunden wurde. Bei der vorangegangenen Beobachtung des Theon war aber der mittlere Ort der Sonne in

Anmerkungen [des Übersetzers]

  1. [56] 415) Almagest X. 1.
  2. [56] 416) Der erste Thoth des 425ten Jahres Nabonassars 0h (d. h. Mittags), als der Anfang der Jahre Alexanders, ist der 5te November des 324ten Jahres vor Chr. 12h (d. h. Mittags)
    also 323a 049d 12h römisch vor Christo
    dazu die Schalttage 081
    giebt 323a 130d 12h ägyptisch vor Christo

    für den Anfang der Jahr Alexanders vor Christo. – Nun ist die erste Beobachtung von Theon im 16ten Jahre Hadrians 6h Abends am 21ten Pharmuthi angestellt. Die Jahre Hadrians beginnen

    439a ägyptische Jahre nach dem Tode Alexanders
    dazu die 015 ägyptischen, abgelaufenen Jahr Hadrians
    giebt 454a 230d 06h ägyptisch nach Alexanders Tode
    davon ab 323a 130d 12h vor Christo
    bleiben 131a 099d 18h nach Christo, davon ab die Schalttage
    032
    bleiben 131a 067d 18h römisch nach Christo, d. h. im Jahre 132 den 8. März 6 Uhr Abds.

    Zum Ueberflusse bemerken wir, dass dieser Theon, welcher im Jahre 132 Beobachtungen anstellte, von welchen im Almagest die Rede ist, nicht mit dem bekannten Commentator des Almagestes, Theon von Alexandrien, verwechselt werden darf, der erst am Ende des IV. S. lebte. Der hier gemeinte ist vermuthlich der Mathematiker, der gewöhnlich Theon von Smyrna genannt zu werden pflegt.

  3. [56] 417) Diese Beobachtung des Ptolemäus war im 4ten Jahre des Antoninus am Morgen nach der Nacht vom 11ten auf den 12ten Thoth, wie im Almagest X. 1. gesagt ist, und dieser 12te Thoth begann erst mit dem folgenden Mittage, also waren es 10d 18h nach ägyptischer Rechnung. Nun beginnen die Jahre des Antoninus nach dem Regenten-Canon
    460a ägyptische Jahre nach dem Tode Alexanders
    dazu die 003a 010d 18h ägyptisch, welche seit Antoninus abgelaufen waren
    giebt 463a 010d 18h ägyptisch nach Alexanders Tode
    davon ab 323 130d 12 vor Christo, vergl. Anm. 416)
    bleiben 139a 245d 06h nach Christo, davon ab die Schalttage
    034
    bleiben 139a 211d 06h römisch nach Christo,

    d. h. im Jahre 140 nach Christo den 30ten Juli 6 Uhr Morgens. Alle Ausgaben lesen fälschlich: „im Jahre 142 nach Christo.“

  4. [56] 418) Die Angaben über diese Beobachtungen im Almagest X. 1 sind
    1, Theon, mittlerer Ort 14° 15′ Fische = 344° 15′ 6° 40′ = 337° 35′
    2, Ptolemäus, 05° 45′ Löwe = 125° 45′ 6° 40′ = 119° 05′

    Die Mitte zwischen beiden Beobachtungen giebt Ptolemäus zu 25° Stier und 25 Scorpion an

    25° Stier = 055° 6° 40′ = 048° 20′
    25° Scorpion = 235° 6° 40′ = 228° 20′

    übereinstimmend mit dem Text des Copernicus.

  5. [56] 419) Diese Beobachtung des Theon soll nach dem Texte des Copernicus im 4ten Jahre Hadrian’s den 20ten Athyr, Morgens, nach Almagest X. 1. aber im 2ten Jahre Hadrian’s am Morgen der Nacht vom 21ten auf den 22ten Athyr stattgefunden haben. Nach Copernicus’ Angabe waren also 79 Tage 18 Stunden von dem 4ten Jahre Hadrians abgelaufen.
    Die Jahre Hadrian’s beginnen 439 ägyptische Jahre nach Alexanders Tode
    dazu die seitdem abgelaufenen 003a 079d 18h
    giebt 442a 079d 18h ägyptisch nach Alexanders Tod
    davon ab 323a 130d 12h vergl. Anm. 416)
    bleiben 118a 314d 06h ägyptisch nach Christo
    davon ab die Schalttage 029
    bleiben 118a 285d 06h römisch nach Christo,

    d. h. im Jahre 119 nach Christo den 12ten October 6h Morgens. Nach der obigen Lesart des Almagest, wäre dagegen das christliche Datum dieser Beobachtung im Jahre 117 nach Christo den 13ten October 6 Uhr Morgens.