in der Bewegung des Planeten existirte, wie Apollonius meinte, so könnte dies hinreichen. Aber die grössten Elongationen dieser Planeten von der Sonne, welche durch die Winkel und des Morgens oder des Abends gemessen werden, zeigen sich nicht immer gleich, weder die zu beiden Seiten, noch ihre Summen, noch die auf einer Seite unter sich; woraus offenbar zu vermuthen ist, dass ihre Umläufe nicht in, mit der Erdbahn concentrischen, Kreisen vor sich gehen, sondern in gewissen anderen, durch welche sie eine zweite Ungleichmässigkeit verursachen. Dasselbe lässt sich auch von den oberen Planeten, dem Saturn, Jupiter und Mars beweisen, welche nach allen Seiten hin sich um die Erde bewegen.
Um den abermals construirten Kreis der Erde, werde der äussere concentrische Kreis beschrieben, und zwar zunächst in derselben Ebene, und in demselben in einem beliebigen Punkte der Ort des Planeten angenommen; von diesem werden die graden Linien und gezogen, welche die Bahn der Erde in den Punkten und berühren; sei der gemeinschaftliche Durchmesser. Offenbar erscheint, von aus gesehen, der wahre Ort des Planeten nur dann in der Linie , wenn er des Abends aufgeht und der Erde am nächsten steht; denn von dem entgegengesetzten Punkte aus gesehen, kommt er, obgleich er in derselben Linie und im vollen Lichte steht, wegen der Dazwischenkunft der Sonne im Punkte , gar nicht zur Erscheinung. Da aber die Geschwindigkeit der Erde grösser ist, als die des Planeten, so scheint dieselbe in dem apogeischen Bogen die Bewegung des Planeten um den ganzen Winkel zu beschleunigen und in dem andern Bogen zu verlangsamen, und zwar eine kürzere Zeit hindurch in dem kleineren Bogen . Und wenn die abzuziehende Bewegung der Erde grösser ist, als die entsprechende Bewegung des Planeten, namentlich in der Gegend des Punktes , so scheint der Planet von der Erde verschoben zu werden, sich rückläufig zu bewegen, und da still zu stehn, wo für das Auge die Differenz dieser beiden entgegengesetzten Bewegungen am kleinsten wird. So zeigt sich wieder klar, dass durch die eine Bewegung der Erde Alles das eintritt, was die Alten durch Epicykeln für die Einzelnen abzuleiten suchten. Da aber, gegen die Meinung des Apollonius und der Alten, die Bewegung eines Planeten nicht gleichförmig befunden wird, indem die ungleichmässige Bahnbewegung der Erde sich auf den Planeten überträgt, so bewegen sich die Planeten nicht in concentrischen Kreisen, sondern in anderer Weise, die wir auch sogleich darstellen wollen.
Nicolaus Copernicus: Nicolaus Coppernicus aus Thorn über die Kreisbewegungen der Weltkörper. Ernst Lambeck, Thorn 1879, Seite 270. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kreisbewegungen-Coppernicus-0.djvu/298&oldid=- (Version vom 1.11.2019)