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noch der Winkel und der Rechte gegeben sind. Daraus erhalten wir die übrigen Seiten und , und daraus wieder, wenn man von abzieht, als Parallaxe der Länge, und, wenn man die scheinbare Breite von der wahren Breite abzieht, als Rest die Parallaxe der Breite. Indessen bietet, wie man sieht, die Rechnung mehr Arbeit als Früchte dar, da es sich um sehr kleine Grössen handelt. Es wird daher genügen, wenn wir statt des Winkels den Winkel , und statt des Winkels den Winkel anwenden, und einfach, wie früher, für die Bogen und , mit Vernachlässigung der Breite des Mondes, immer den mittleren Bogen setzen. Daraus wird kein Fehler entstehen, zumal in den Gegenden der nördlichen Seite; in sehr südlichen Gegenden, wo dem Zenith nahe kommt, beträgt die Differenz bei der grössten Breite von fünf Graden, und wenn der Mond in seiner grössten Erdnähe steht, nahe sechs Minuten. Bei Sonnenfinsternissen jedoch, bei welchen der Mond nicht über anderthalb Grad abweichen darf, kann die Differenz nur zu 1¾ Minuten anwachsen. Hieraus ist also klar, dass die Parallaxe der Länge, wenn der Mund im östlichen Quadranten der Ekliptik steht, zu dem wahren Orte des Mondes immer addirt wird; liegt aber der wahre Ort des Mondes in dem andern Quadranten der Ekliptik: so wird die Parallaxe der Länge von demselben abgezogen, um die scheinbare Länge des Mondes zu erhalten. Auch die scheinbare Breite erhalten wir aus der Parallaxe der Breite, indem wir letztere addiren, wenn sie auf derselben Seite liegt; liegen beide aber auf verschiedenen Seiten: so zieht man die kleinere von der grösseren ab, und was übrig bleibt ist die scheinbare Breite, nach derjenigen Seite hin, auf welcher die grössere von beiden liegt.

Capitel 27.
Bestätigung dessen, was über die Parallaxe des Mondes entwickelt ist.

Dass nun die so entwickelten Parallaxen des Mondes mit den Erscheinungen übereinstimmen, können wir durch mehrere andere Beobachtungen bestätigen. Eine solche haben wir zu Bologna am 9ten März nach Sonnenuntergang im Jahre Christi 1497 angestellt. Wir beobachteten nämlich den Mond, bei seiner bevorstehenden Bedeckung des glänzenden Sternes der Hyaden, welchen die Römer Palilicium[1] nennen, und sahen bei diesem Abwarten am Ende der 5ten Stunde der Nacht den Stern dicht an dem dunkeln Theile des Mondkörpers zwischen den Hörnern des Mondes eben verschwinden, um den dritten Theil des Monddurchmessers dem südlichen Horne näher. Und da der Stern nach der Berechnung in 2° 52′ der Zwillinge stand, bei einer südlichen Breite von 5⅙°, so war klar, dass der Mittelpunkt des Mondes dem Sterne scheinbar um den halben Durchmesser voraus, und deshalb sein scheinbarer Ort in Länge 2° 36′ und in Breite nahezu 5° 6′ war. Vom Anfange der Jahre Christi waren nun 1497 ägyptische

Anmerkungen [des Übersetzers]

  1. [47] 335) Copernicus will hier offenbar den Stern Tauri, also den Aldebaran, bezeichnen. Der Name Palilicium, — wohl besser Parilicium, auch Parelicium, — umfasst die sämmtlichen Hyaden, wie aus Plinius’ Historia naturalis XVIII. 26 hervorgeht, wo es heisst: „XIV. kalend. Maias Aegypto suculae“, die Hyaden, „occidunt vesperi, sidus vehemens et terra marique turbidum, XVI. Atticae, XV. Caesari, continuo quatriduo significant, Assyriae autem XII. kalend. Mai.; hoc est vulgo appellatum sidus Parilicium, quoniam XI kalend. Majas urbis Romae natalis habetur, quo fere serenitas redditur; claritatem observationi dedit; nimborum argumento hyadas appellantibus Graecis eas stellas, nostri a similitudine cognominis Graeci propter sues inpositum arbitrantes inperitia appellavere suculas.“ Ausg. von Julius Sillig Vol. III. p. 200. — Die Hyaden wurden aber von den Römern Sidus Parilicium genannt, weil sie um den 21sten April, — XI. kalend. Maias, — an welchem Tage das Hirtenfest Parilia oder Palilia, gefeiert wurde, und nach einer alten Tradition Rom gegründet war, — in der Abenddämmerung verschwanden. Siehe Ideler’s Untersuchungen über den Ursprung und die Bedeutung der Sternnamen pag. 140.