fest, dass bei der Quadratur des Mondes jeder von beiden Bogen, und , ein Halbkreis ist: folglich ist die Bewegung des Epicykels auf seinem excentrischen Kreise, welchen er beschreibt, ungleichmässig. Wenn dies aber so wäre, was sollten wir dann zu dem Grundsatze sagen, dass die Bewegung der himmlischen Körper gleichmässig ist, auch wenn sie ungleichmässig erscheint? Wenn nun die Bewegung des Epicykels gleichmässig erschiene, so müsste sie in der That ungleichmässig sein; es würde also das grade Gegentheil von dem zu Grunde gelegten und angenommenen Principe stattfinden. Wenn man aber einwenden wollte, dass sich der Mittelpunkt des Epicykels um den Mittelpunkt der Erde gleichmässig bewege, und dies hinreiche, um die Gleichmässigkeit zu wahren: so fragen wir, wie kommt jene Gleichmässigkeit in einen andern Kreis, da doch in diesem seine Bewegung nicht stattfindet, sondern in dem excentrischen? Ebenso setzt uns auch das mit Recht in Verwunderung, dass man die Gleichmässigkeit des Mondes selbst in dessen Epicykel, nicht in Beziehung auf den Mittelpunkt der Erde, also durch die Linie , auf welche doch die Gleichmässigkeit eigentlich bezogen werden müsste, indem dieselbe mit dem Mittelpunkte des Epicykels zusammenstimmt, erkannt wissen will; sondern in Bezug auf einen beliebigen andern Punkt, und dass man behauptet, zwischen diesem und dem Mittelpunkte des excentrischen Kreises stehe die Erde in der Mitte, und die Linie sei gleichsam ein Index der Gleichmässigkeit des Mondes im Epicykel, was ebenfalls in der That hinreicht, diese Bewegung als ungleichmässig zu erweisen. Die Erscheinungen, welche zum Theil aus dieser Hypothese folgen, nöthigen zu diesem Eingeständniss. Ebenso gut könnten wir auch untersuchen, wie die Beweisführung ausfallen würde, wenn wir, indem der Mond seinen Epicykel ungleichmässig durchliefe, die ungleichmässige Erscheinung aus der ungleichmässigen Bewegung erklären wollten. Was würden wir Anderes thun, als Denen eine Handhabe darbieten, welche unsere Wissenschaft herabsetzen? Ferner belehren uns die Erfahrung und selbst die Anschauung, dass die Parallaxen des Mondes, welche die Berechnung jener Kreise ergiebt, nicht damit im Einklange stehen. Es entstehen nämlich die Parallaxen, welche man Commutationen nennt, aus der im Vergleich zur Entfernung des Mondes sehr bemerkbaren Grösse der Erde. Wenn man nämlich von der Oberfläche und vom Mittelpunkte der Erde nach dem Monde grade Linien zieht, so werden dieselben nicht parallel erscheinen, sondern sich unter einem merklichen Winkel im Mondkörper schneiden. Dies muss nothwendig eine Verschiedenheit in der Erscheinung des Mondes bewirken, so dass derselbe denen, die ihn von der Oberfläche der Erde in schräger Richtung beobachten, an einer andern Stelle erscheint, als Denen, welche ihn vom Mittelpunkte aus, also in ihrem Scheitel erblicken. Diese Commutationen sind nach Verhältniss der Entfernung des Mondes von der Erde verschieden. Nach Uebereinstimmung aller Mathematiker ist die grösste Entfernung 641/6 Erdhalbmesser; nach dem Maasse Jener aber müsste die kleinste 3311/20 betragen, so dass der Mond fast auf die halbe Entfernung
Nicolaus Copernicus: Nicolaus Coppernicus aus Thorn über die Kreisbewegungen der Weltkörper. Ernst Lambeck, Thorn 1879, Seite 196. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kreisbewegungen-Coppernicus-0.djvu/224&oldid=- (Version vom 6.3.2017)