der Sonne vor sich geht. Dies kann sehr wohl auf zwei Weisen vorgestellt werden, entweder durch einen excentrischen Kreis, d. h. dessen Mittelpunkt nicht derjenige der Sonne ist, oder durch einen Epicykel, bei welchem die Sonne im Mittelpunkte des Hauptkreises selber steht. Aus dem excentrischen Kreise erklärt sich dies folgendermassen.
Sei ein excentrischer Kreis in der Ebene der Ekliptik, sein Mittelpunkt liege um einen nicht sehr kleinen Abstand ausserhalb des Mittelpunkts der Sonne und der Welt, welcher sei, der Durchmesser durch beide Mittelpunkte sei , das Apogeum, welches von den Lateinern summa absis genannt wird, liege in , als in dem vom Mittelpunkte der Welt entferntesten Orte; dagegen sei das Perigeum, welches infima absis heisst und der dem Mittelpunkte der Welt nächste Ort ist. Wenn sich nun die Erde in ihrer Bahn gleichmässig um den Mittelpunkt bewegt, so erscheint, wie gesagt, die Bewegung um ungleichmässig. Macht man die Bogen und gleich und zieht die graden Linien , , , : so sind die Winkel und , denen gleiche Bogen um den Mittelpunkt zugehören, gleich. Der Aussenwinkel ist aber grösser als der innere Winkel , und also auch grösser als der Winkel , der gleich ist. Der Aussenwinkel ist aber auch grösser, als der innere Winkel , um so mehr ist der Winkel grösser als . Jeder von beiden wird aber in gleichen Zeiten durchlaufen, weil die Bogen und einander gleich sind. Die gleichmässige Bewegung um erscheint also ungleichmässig um . Dasselbe lässt sich noch einfacher daraus einsehen, dass der Bogen von entfernter liegt als . Denn, nach dem 7ten Satze des 3ten Buches von Euklid’s Elementen, sind die Linien und grösser als und , und wie in der Optik bewiesen wird, erscheinen gleiche Grössen in der Nähe grösser als in der Ferne. Daher ist nun klar, was über den excentrischen Kreis behauptet ist.
[Der Beweis wäre ganz derselbe, wenn die Erde in stillstände, und die Sonne in dem Kreise sich bewegte, wie beim Ptolemäus und Andern.] Dasselbe lässt sich auch durch den Epicykel erklären, bei welchem die Sonne in dem Mittelpunkt ihres Hauptkreises steht. Es sei nämlich der Hauptkreis, der Mittelpunkt der Welt, in welchem zugleich die Sonne steht, den Mittelpunkt des Epicykels in derselben Ebene, und durch beide Mittelpunkte die Linie gezogen. Das Apogeum des Epicykels sei, das Perigeum . So ist offenbar, dass eine Gleichmässigkeit in , eine
Nicolaus Copernicus: Nicolaus Coppernicus aus Thorn über die Kreisbewegungen der Weltkörper. Ernst Lambeck, Thorn 1879, Seite 171. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kreisbewegungen-Coppernicus-0.djvu/199&oldid=- (Version vom 3.10.2018)