an dem Lyceum zu Mannheim, hatte die grosse Güte uns die ganze Uebersetzung vorzulesen, während wir mit dem Urtexte in der Hand folgten. Wir erinnern uns kaum Stellen begegnet zu sein, über deren Meinung die deutsche Ausgabe nicht so deutliche Auskunft gäbe als es überhaupt möglich ist. Wir wünschen mit dieser Erklärung freilich keineswegs die Verantwortung für jedes einzelne Wort zu übernehmen. Herr Menzzer bedarf unserer Rückendeckung nicht, und überdies kann es wohl als ein Ding der Unmöglichkeit gelten, dass in einem Werke von dem Umfange der Revolutionen nicht Mancherlei vorkommen sollte, worüber zwei Leser verschiedene Ansichten sich bilden, selbst wenn beide in der Sprache des Werkes, zu denken, ja sogar zu reden gewohnt wären.
Das Studium des Buches, von welchem an die neuere Sternkunde datirt, ist durch Herrn Menzzers Uebersetzung wesentlich erleichtert, erleichtert auch durch die Anmerkungen, welche in erwünschter Weise beigegeben sind. Müssen wir noch auf die Frage antworten, ob das so erleichterte Studium sich wirklich lohne? ob die Zeit nicht verloren sei, darauf verwandt Dinge zu lesen, welche richtiger, genauer, vollständiger erst von späteren Schriftstellern, als Coppernicus war, zur Erledigung gebracht werden konnten?
Wohl wissen wir, dass vergessliche Undankbarkeit eine vielverbreitete Untugend ist, der nicht bloss unsere Zeitgenossen unterworfen sind. Das Scherbengericht hat stets die grossen Männer um so sicherer verurtheilt, je niedriger die standen, die das Gericht bilden durften. Das Wort hat nicht aufgehört wahr zu sein, es gebe so wenig Leute, die es nicht als eine kränkende Mahnung betrachten, wenn man ihnen einmal begegne, nachdem man in der Lage war, ihnen einen Dienst zu erweisen. Aber dass in den Kreisen der Wissenschaft ähnliche Gefühle auch nur unbewusst vorhanden sein sollten, ist uns nicht fassbar. Wer da wünscht, dass die eigenen Leistungen mit Anerkennung genannt bleiben, wird auch der Vergangenheit die Anerkennung nicht vorenthalten sie wenigstens kennen zu lernen, wenn es ohne grosse Weitläufigkeiten geschehen kann. Auch befürchte kein Fachgelehrter, er werde aus der Durchlesung des Werkes unseres Coppernicus keinen unmittelbaren Nutzen ziehen. Die philosophische Tiefe dieses Schriftstellers verbunden mit meisterhafter Klarheit, die geschickte Anwendung einfachster mathematischer Hilfsmittel bleibt für alle Zeiten lehrreich, und Niemand wird ohne Vergnügen in seiner
Nicolaus Copernicus: Nicolaus Coppernicus aus Thorn über die Kreisbewegungen der Weltkörper. Ernst Lambeck, Nürnberg und Thorn 1879, Seite IX. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kreisbewegungen-Coppernicus-0.djvu/15&oldid=- (Version vom 1.8.2018)