Verschiedenheit der Schatten gesagt. Es scheint mir aber für uns hinzureichen, wenn nur diejenigen Winkel nachgewiesen werden, welche den einseitig-schattenden Bewohnern, d. h. uns, dazu dienen, um aus denselben ihr Gesammtverhältniss leicht einzusehen. Dass nun bei der schiefen Kugel, wenn das Aequinoctium oder der Anfang des Widders aufgeht, die Ekliptik desto geneigter ist und sich dem Horizonte desto mehr nähert, je mehr ihre grösste südliche Declination, welche dem dann grade durch den Meridian gehenden Anfange des Steinbocks zukommt, beträgt; und umgekehrt, dass sie höher ist und einen grösseren Winkel im Osten bildet, wenn der Anfang der Waage aufgeht, und der Anfang des Krebses durch den Meridian geht; — das halte ich für hinreichend einleuchtend. Weil nun die drei Kreise: Aequator, Ekliptik und Horizont, in den Polen des Meridians sich gemeinschaftlich schneiden, so bestimmen dessen von jenen begrenzte Bogen: wie gross jener östliche Winkel gerechnet werden muss.
Damit aber auch der Weg, die übrigen Theile der Ekliptik zu messen klar werde: sei wieder der Meridian, die Hälfte des Horizontes , die Hälfte der Ekliptik , von welcher irgend ein Grad in aufgeht; wir sollen finden, wie gross der Winkel sei, wenn vier Rechte 360 Grad betragen. Da nun der aufgehende Punkt gegeben ist: so ergiebt sich auch aus dem Vorhergehenden der Punkt, welcher durch den Meridian geht, und der Bogen mit der Höhe im Meridian. Und da der Winkel ein rechter ist: so ergiebt sich das Verhältniss der Sehne des doppelten zur Sehne des doppelten , gleich dem des Durchmessers der Kugel zur Sehne des doppelten Bogens, welcher den Winkel misst; also ergiebt sich auch der Winkel selbst. Wenn aber nicht der Grad des aufgehenden, sondern derjenige des durch den Meridian gellenden Punktes gegeben wäre, welcher sein mag: so wird nichts destoweniger jener Winkel im Osten gemessen sein. Denn nehmen wir als Pol, beschreiben den Quadranten eines grössten Kreises und vollenden die Quadranten und : so ergiebt sich, — weil die Höhe im Meridiane gegeben, das Complement des Quadranten ist, der Winkel aus dem Früheren folgt und Winkel ein rechter ist: — der Bogen und dessen Complement , welches Letztere den gesuchten Winkel im Osten misst. Es wird hieraus auch klar, wie zugleich mit dem Grade, der den Meridian passirt, auch derjenige sich ergiebt, welcher aufgeht; denn es verhält sich die Sehne des doppelten zur Sehne des doppelten , wie der Durchmesser zur Sehne des doppelten , wie bei den sphärischen Dreiecken bewiesen ist. Wir haben über diese Beziehungen drei Tafeln ausgearbeitet. Die erste enthält die Aufsteigungen in der graden Kugel vom Widder anfangend und von 6 zu 6 Graden der Ekliptik fortschreitend. Die zweite enthält die Aufsteigungen bei der schiefen Kugel, ebenfalls von 6
Nicolaus Copernicus: Nicolaus Coppernicus aus Thorn über die Kreisbewegungen der Weltkörper. Ernst Lambeck, Thorn 1879, Seite 81. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kreisbewegungen-Coppernicus-0.djvu/109&oldid=- (Version vom 12.7.2018)