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keine magische Kunst gebe, weder eine himmlische, noch eine höllische; zur eigentlichen Wissenschaft aber hatte er auch kein Vertrauen.

In Widmanns Faustbuche tritt schon mehr die egoistische, auf Vergnügen gerichtete Natur des Helden hervor.

Daß in früheren Zeiten Gelehrte und Geistliche vom gemeinen Volke als Zauberer angesehen wurden, ist bekannt;[1] ebenso auch, daß diese den Teufel sehr oft um


  1. Dies war besonders in Island der Fall, wo sogar die Bezeichnung „Zauberer“ als Ehrentitel galt. Auch Saemundur Frodi (1056–1133), dem bekanntlich die ältere Edda zugeschrieben wird, der als Pfarrer zu Oddi im südlichen Island wirkte, stand im Rufe eines mächtigen Zauberers und lebt als solcher in den Sagen seiner Heimat fort. Nur eine derselben sei hier mitgeteilt.
    In alter Zeit war draußen in der Welt eine Schule, welche die schwarze Schule hieß. Dort lernten die Menschen Zauberkünste und allerlei alte Weisheit. Diese Schule war so eingerichtet, daß sie in einem festgebauten Erdhause gehalten wurde; dasselbe hatte keine Fenster, und deswegen herrschte immer pechschwarze Finsternis darin. Einen Lehrer gab es dort nicht, sondern man lernte alles aus Büchern, die mit feuerroten Buchstaben geschrieben waren und im Dunklen gelesen werden konnten. Niemals durften die, welche dort lernten, unter freien Himmel hinausgehen, noch das Tageslicht sehen, so lange sie dort weilten; sie mußten aber drei oder sieben Winter in der Schule bleiben, bevor sie ausgelernt hatten. Eine graue, zottige Hand kam jeden Tag durch die Wand herein und reichte den Schülern Speise. Das aber bedingte sich derjenige, der diese Schule hielt, aus, daß jedes Jahr der sein eigen wurde, der von jenen, welche aus der Schule entlassen wurden, zuletzt hinausging. Da nun aber alle wußten, daß der Teufel diese Schule hielt, so wollte ein jeder gern vermeiden, als der Letzte hinauszugehen.
    Einst waren drei Isländer in der schwarzen Schule Saemundur Frodi, Kalfur Arnason und Halfdan Eldjarnson oder Einarsson, der später Pfarrer zu Fell in Slettuhild wurde. Sie sollten alle auf einmal die Schule verlassen, und da erbot sich Saemundur, zuletzt hinauszugehen. Darüber waren die andern sehr froh. Saemundur warf einen großen Mantel über, ließ aber die Ärmel lose hängen und knöpfte keinen Knopf zu. Um das Schulhaus zu verlassen, mußte man eine Treppe hinauf. Wie nun Saemundur auf die Treppe kommt, greift der Teufel nach seinem Mantel und sagt: „Dich habe ich!“ Da warf Saemundur den Mantel ab und lief hinaus, und der Teufel behielt nur den Mantel zurück. Die eiserne Türe aber dröhnte in ihren Angeln und schlug dem Saemundur so hart an die Fersen, daß das Fersenbein beschädigt wurde. Da sagte er: „Da schlug mir die Türe dicht auf den Fersen zu“, und [67]