Seite:Knortz-Ein amerikanischer Diogenes (Henry D.Thoreau).djvu/10

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

„Einer Deiner Leser und Verehrer, Henry Thoreau, wohnt jetzt in meinem Hause. Er ist ein edler, gesetzter junger Mann, auf den Du eines Tages stolz sein wirst. Wir arbeiten jeden Tag in meinem Garten zusammen und ich werde gesund und stark dabei.“ Immer war Emerson jedoch nicht zufrieden mit ihm, denn er machte einst die etwas sarkastisch klingende Bemerkung: „Thoreau is, with difficulty, sweet.“ Da Emerson aber als Wanderredner häufig ausgedehnte Reisen zu machen hatte, war er nur zu froh, daß er während dieser Zeit sein Haus in den Händen eines zuverlässigen und gewissenhaften Wächters wußte.

Auch mit dem mystischen Schwärmer Alcott stand Thoreau auf vertrautem Fuße. Zu Margaret Fuller, der geistreichen Redactrice des „Dial“, fühlte er sich jedoch nicht besonders hingezogen. Dieselbe schreibt von ihm, daß er einem öden Felsen gleiche, der von der warmen Frühlingssonne noch nicht beschienen sei.

Eine ihm völlig wahlverwandte Seele fand Thoreau in William Ellerly Channing, dem Neffen des bekannten gleichnamigen Theologen. Beide lebten mit den gesellschaftlichen Zuständen auf beständigem Kriegsfuß und Beide waren der Naturschwärmerei leidenschaftlich ergeben. Auch hatte Channing einst längere Zeit im Staate Illinois als Einsiedler zugebracht.

Mit dem Novellisten Hawthorne hatte Thoreau wenig Verkehr; Beide aber schätzten sich gegenseitig sehr hoch. Eine Zeitlang hatte er ihn allerdings zum Aufenthalte in der freien Natur begeistert; aber Hawthorne verlor doch gar bald wieder das Interesse an Wind und Wetter, Fischen, Vögeln und Reptilien. Einige Charakterzüge Thoreau’s aber hat er später auf seinen Donatello in „Marble Faun“ übertragen.

Mit besonderer Vorliebe bestieg Thoreau die höchsten Berge in der Umgebung Concords. „Hohe Gipfel,“ pflegte er zu

Empfohlene Zitierweise:
Karl Knortz: Ein amerikanischer Diogenes (Henry D. Thoreau). Verlagsanstalt und Druckerei A.-G., Hamburg 1899, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Knortz-Ein_amerikanischer_Diogenes_(Henry_D.Thoreau).djvu/10&oldid=- (Version vom 1.8.2018)