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Bürger und Unterthanen auch die leges exquisitissimas, die allerbest eingerichteten Gesetze verachten. . . Es ist zwar nit zu verneinen, dass die Schulen gute und böse Knaben machen . . Daher habe vor Zeiten Valentinus Trocedorfius ein sehr künstlicher Informator der Jugend, nachdem er das erstemal in die Schul zur Jugend hineingegangen, selbige also angeredet und gegrüsst: Salvete vos Nobiles, Consules, Senatores, Caesarum, Regum ac Principum Consiliarii, vos opifices, lictores et nebulones!

. . Zur guten Institution der Jugend und Schulen wird necessario erfordert, dass man, wie allhier ratione loci ganz gute Veranstaltung gemacht ist, einen guten bequemen, gesunden und stillen Ort selegire, wo nit vil Gassengeschrei, Tumult, Reiten und Fahren ist . . U. hat eine sorgfältige Obrigkeit wohl aufzusehen, dass, id est bei den deutschen Schulen, besondere für die Knaben und besondere für die Mägdlein constituiret und bestellet werden. . . So liegt auch weiter einer vorgesetzten Obrigkeit ob, dass sie solche Praeceptores, Moderatores und Schulmeister bestelle und aufnehme, welche zu solcher Funktion und Verwaltung wohl tauglich und gelehrt sind, sowohl der Dexterität und Auferbaulichkeit, Erudition, Pietät und Gottesfurcht, als auch Humanität und Modestia halber, damit die Knaben nit allein wohl lernen und progrediren, sondern auch in Christianismo und der Gottesfurcht wohl profiziren und ein tugendsames Leben führen . . . Der Schulmeister sei wohlgelehrt und geschickt, denn wer wenig kann, kann auch keinen dociren und unterrichten . . Er habe eine gute Experienz und praxin, die Knaben sowohl zu dociren als zu tractiren, auch die Ingenia der Jugend und was nun weiteres ad artem docendi gehörig und erforderlich, zu erkennen. Denn es giebt etliche Knaben und Mägdlein, welche eine besondere Art zu dociren erfordern, etliche pariren und gehorchen gern, etliche aber ungern, etliche sind sehr furchtsam, etliche erschrocken, etliche etwas hart. Den erchrockenen, schwachen und furchtsamen soll man nicht sogleich jählings und stark zusetzen und allzuviel zumuten, und es soll ein Praeceptor und Schulmeister wohl aufmerken und caviren, ne studia qui amare nondum potest, oderit et amaritudinem semel perceptam etiam ultra rudes annos reformidet. Er muss aber auch nicht allzu gut sein, sondern gegen die immorigeras discipulos auch die Schärfe brauchen, das Rauhe herauskehren, die Ruten und andere Disciplins- und Corrections-Mittel nicht vergessen, Zucht und Furcht unter sie machen . . Es besteht aber eines rechtschaffenen Praeceptoris und Schulmeisters Amt hauptsächlich et potissimum in diesem, dass er ein zeloser und eifriger Liebhaber erga rem literariam et scholasticam utilitatem sei, dass er eine gleichsam väterliche Liebe, Affektion und Zuneigung zu der Jugend habe und trage . . . Er soll sonderheitlich wohl Achtung geben auf eines jeden Knabens oder Mägdleins Humor, Alter und mores, auf jedes ingenium und captum und sich sodann darnach accomodiren . . . Die Schulmeister sollen Geduld mit der Jugend haben, sollen einen schönen, kurzen und leichten modum zum dociren haben, non multitudine ingrata, diuturnitate injucunda, molesta varietate et difficili obscuritate utantur, sie sollen nit vantieren, non ad pompam et ostentationem ingenii, doctrinae, facundiae, sed discipulorum suorum comodum captumque doceant, sollen ihr eigen Lob und jactation nit, sondern der Jugend Nutzen und Promotion suchen Damit aber dies alles geschehe, wohl instituirte und fundirte Schulen in ihrem Flor, Wachstum und Fürgang erhalten werden, das lieget einer geistlichen und weltlichen Obrigkeit vorderist und in ihrem Gewissen ob. In des löbl. Magistrats Namen, wie allhier ganz wohl und löblich eingeführt und Herkommens, dass Herr Stadtpfarrer und eine Ratsdeputation all Quartal sämtliche Schulen hier visitieren, sollen Scholarchae sive fideles, graves et periti viri als Inspectores constituiert und verordnet werden, welche autoritate et mandato Magistratus ordinarii fleissig besorgen, sehen und examinieren sollen, ob es recht, nützlich und löblich in den Schulen hergehe, ob die öffentlich affigirte Schulordnung exacte gehalten, auch der Praeceptorum et Cantorum in Handen habende Bestallungsbriefe observiret und denen nachgelebt oder darwider gehandelt werde, welche, die Schulordnung sowohl als auch die beiden Bestallungsbriefe, in fine hujus materiae ad informationem et notitiam sollen inseriret werden. Diese sollen auch nicht allein schauen und wohl examinieren, wie die Jugend beschaffen sowohl in doctrina als denen moribus, sondern hauptsächlich auch sehen und scrutieren, wie die Praeceptores und Schulmeister gesittet und beschaffen. Es ist also von nöten, dass man solche Inspectores und Männer nehme, welche rem scholasticam, das Schulwesen wohl verstehen. Denn wenn dieselben keine prudentiam scholasticam haben, wie können sie die Sach examinieren, ob es recht hergehe und alles recht ad intentionem Magistratus eingerichtet sei?


I. Die höhere Lehranstalt zu Schwäb. Gmünd in den Zeiten der Reichsstadt.
A. Die städtische Schule.

Wenn wir nun zum eigentlichen Gegenstand unserer Abhandlung übergehen und nach den ältesten Nachrichten über das Bestehen einer höheren Lehranstalt zu Gmünd fragen, so wird zwar in einer Urkunde des Klosters Adelberg schon im Jahre 1295 (s. Pfaff, Versuch einer Geschichte des gelehrten Unterrichtswesens in Württemberg S. 8) ein rector scolarum Gamundiae genannt, allein damit ist uns bei dem Fehlen weiteren Materials nicht viel gedient. Das aber ist jedenfalls bewiesen, wenn wir die Angaben Pfaffs vergleichen, dass die Schule in Gmünd zu den ältesten des Landes gehört. Es ist durch eine Inschrift, die wir später mitteilen werden, festgestellt, dass für diese lat. Schule im Jahre 1578 ein Haus gebaut wurde. Ferner erwähnt die Debler’sche Chronik zum Jahre 1552 folgende Namen: Augustin Schirmer, lateinischer Schulmeister, Conrad Vitalis, Magister, Conrad Windeis, Cantor. Weiterhin sangen am Abend des hl. Karfreitags 1497, an welchem die beiden Türme der hiesigen Pfarrkirche einstürzten, nach dem Berichte, welchen Stadtschreiber Rudolf Holl im Auftrag des Magistrats über dieses Ereignis verfasste, „4 schuoller“ beim hl. Grab. Die Jeger’sche Chronik teilt sodann S. 199 eine Ordnung mit, „so in der lateinischen Schuel solle gehalten werden.“ Von dieser heisst es am Schluss: „Renoviert den 26ten Juny 1674.“ Da nun diese Schulordnung im Jahre 1674 nicht erst gegeben, sondern bloss erneuert wurde, so können wir