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nachgejagt, und ist nicht wieder gekommen.“ Da war sie in großer Besorgnis um ihn. Er war aber dem schönen Wild immer nachgeritten, und konnte es niemals einholen; wenn er meinte es wäre schußrecht, so wars gleich wieder in weiter Ferne, und endlich verschwand es ganz. Nun merkte er daß er tief in den Wald hineingerathen war, nahm sein Horn und blies, aber er bekam keine Antwort, denn seine Leute konntens nicht hören. Und da auch die Nacht einbrach, sah er daß er diesen Tag nicht heim kommen könnte, stieg ab, machte sich bei einem Baum ein Feuer an, und wollte dabei übernachten. Als er bei dem Feuer saß, und seine Thiere sich auch neben ihn gelegt hatten, däuchte ihn eine menschliche Stimme zu hören; er schaute um sich, konnte aber nichts bemerken. Bald darauf hörte er wieder ein Ächzen wie von oben her, da schaute er in die Höhe, und sah ein altes Weib auf dem Baum sitzen, das jammerte in einem fort „hu, hu, hu, was mich friert!“ Sprach er „steig herab und wärme dich, wenn dich friert.“ Sie aber sagte „nein, deine Thiere beißen mich.“ Antwortete er „sie thun dir nichts, altes Mütterchen, komm nur herunter.“ Sie war aber eine Hexe, und sprach „ich will dir eine Ruthe von dem Baum herabwerfen, wenn du sie damit auf den Rücken schlägst, thun sie mir nichts.“ Da warf sie ihm ein Rüthlein herab, und er schlug sie damit, alsbald lagen sie still, und waren in Stein verwandelt. Und als die Hexe vor den Thieren sicher war, sprang sie herunter, und rührte ihn auch mit einer Ruthe an, und verwandelte ihn in Stein. Darauf lachte sie, und schleppte ihn und die Thiere in einen Graben, wo schon mehr solcher Steine lagen.

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1843). Göttingen 1843, Seite 384. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_Grimm_1843_I_384.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)