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kam ihm so in die Gedanken was es seine Frau jetzt gut hätte, die säße daheim in einer kühlen Stube und ließe sichs wohl schmecken. Das ärgerte ihn ordentlich, und ohne daß ers wußte, sprach er so hin „ich wollte die säße daheim auf dem Sattel, und könnte nicht herunter, statt daß ich ihn da auf meinem Rücken schleppe.“ Und wie das letzte Wort aus seinem Munde kam, so war der Sattel von seinem Rücken verschwunden, und er merkte daß sein zweiter Wunsch auch in Erfüllung gegangen war. Da ward ihm erst recht heiß, er fieng an zu laufen und wollte sich daheim ganz einsam in seine Kammer hinsetzen und auf etwas Großes für den letzten Wunsch sinnen. Wie er aber ankommt und die Stubenthür aufmacht, sitzt da seine Frau mittendrin auf dem Sattel und kann nicht herunter, jammert und schreit. Da sprach er „gib dich zufrieden, ich will dir alle Reichthümer der Welt herbei wünschen, nur bleib da sitzen.“ Sie schalt ihn aber einen Schafskopf und sprach „was helfen mir alle Reichthümer der Welt, wenn ich auf dem Sattel sitze; du hast mich darauf gewünscht, du mußt mir auch wieder herunter helfen.“ Er mochte wollen oder nicht, er mußte den dritten Wunsch thun, daß sie vom Sattel ledig wäre und herunter steigen könnte; und der Wunsch ward alsbald erfüllt. Also hatte er nichts davon als Ärger, Mühe, Scheltworte und ein verlornes Pferd: die Armen aber lebten vergnügt, still und fromm bis an ihr seliges Ende.

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 2 (1857). Göttingen 1857, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1857_II_005.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)