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das Schlangenfleisch seine Lippen berührt, so verstand er die Thiersprache, und hörte, was die Vögel vor dem Fenster zu einander sagten.

Denselben Tag kam der Königin einer ihrer schönsten Ringe fort, und der Verdacht fiel auf ihn, der König sagte auch, wenn er nicht bis Morgen den Dieb schaffe, solle er bestraft werden, als wäre ers gewesen. Der Diener ward traurig und ging herab auf des Königs Hof. Da saßen die Enten am Wasser und ruhten sich, und als er die so betrachtete, da hörte er eine sprechen: „es liegt mir so schwer im Magen, ich habe einen Ring gefressen, den die Königin verloren hat.“ Er nahm die Ente und trug sie zum Koch: „schlacht doch die sie ist so fett,“ und als der Koch ihr den Hals abgeschnitten, und sie ausnahm, da lag der Königin Ring ihr im Magen. Der Diener brachte ihn dem König, der erstaunte und war froh, und weil es ihm leid war, daß er ihm Unrecht gethan, sagte er: „fordre wornach du Lust hast, und was für eine Ehrenstelle du an meinem Hof haben willst.“ Der Diener aber, ob er gleich jung und schön war, schlug alles aus, war traurig in seinem Herzen und wollte nicht länger bleiben; er bat nur um ein Pferd und um Geld in die Welt zu ziehen: das ward ihm aufs beste gegeben.

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1812). Berlin 1812, Seite 64. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1812_I_064.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)