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Sonne hinauf, und sagte zu ihr „du scheinst in alle Ritzen und über alle Spitzen, hast du keine weiße Taube fliegen sehen?“ „Nein,“ sagte die Sonne, „ich habe keine gesehen, aber da schenk ich dir ein Kästchen, das mach auf, wenn du in großer Noth bist.“ Da dankte sie der Sonne, und gieng weiter bis es Abend war, und der Mond schien, da fragte sie ihn „du scheinst ja die ganze Nacht, durch alle Felder und Wälder, hast du keine weiße Taube fliegen sehen?“ „Nein,“ sagte der Mond, „ich habe keine gesehen, aber da schenk ich dir ein Ei, das zerbrich wenn du in großer Noth bist.“ Da dankte sie dem Mond, und gieng weiter, bis der Nachtwind wehte, da sprach sie zu ihm „du wehst ja über alle Bäume und unter allen Blätterchen weg, hast du keine weiße Taube fliegen sehen. „Nein,“ sagte der Nachtwind, „ich habe keine gesehen, aber ich will die drei andern Winde fragen, die haben sie vielleicht gesehen.“ Der Ostwind und der Westwind kamen, und sagten sie hätten nichts gesehen, der Südwind aber sprach „die weiße Taube habe ich gesehen, sie ist zum rothen Meer geflogen, da ist sie wieder ein Löwe geworden, denn die sieben Jahre sind herum, und der Löwe steht dort im Kampf mit einem Lindwurm, der Lindwurm ist aber eine verzauberte Königstochter.“ Da sagte der Nachtwind zu ihr „ich will dir Rath geben, geh zum rothen Meer, am rechten Ufer da stehen große Ruthen, die zähle, und die eilfte schneid dir ab, und schlag den Lindwurm damit, dann kann ihn der Löwe bezwingen, und beide bekommen auch ihren menschlichen Leib wieder; dann schau dich um, und du wirst den Vogel Greif sehen,

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 2 (1837). Dieterich, Göttingen 1837, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder-_und_Haus-M%C3%A4rchen_1837_Band_2.djvu/20&oldid=- (Version vom 1.8.2018)