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110.
Der Jude im Dorn.

Es war einmal ein reicher Mann, der hatte einen Knecht, der diente ihm fleißig und redlich, war alle Morgen der erste aus dem Bett, und Abends der letzte hinein, und wenns eine saure Arbeit gab, wo keiner anpacken wollte, so stellte er sich immer zuerst daran. Dabei klagte er nicht, sondern war mit allem zufrieden, und immer guter Dinge. Als sein Jahr herum war, gab ihm der Herr keinen Lohn, und dachte „das ist das gescheidtste, so spare ich etwas, und er geht nicht weg, sondern bleibt hübsch im Dienst.“ Der Knecht schwieg auch still, that das zweite Jahr wie das erste seine Arbeit, und als er am Ende desselben abermals keinen Lohn bekam, ließ er sichs gefallen, und blieb noch länger. Als endlich das dritte Jahr herum war, bedachte sich der Herr, griff in die Tasche, holte aber nichts heraus. Da fieng der Knecht endlich an und sprach „Herr, ich habe euch drei Jahre ehrlich gedient, seyd so gut und gebt mir was mir von Rechtswegen zukommt: ich wollte fort und mich gerne weiter in der Welt umsehen.“ Da antwortete der Geizhals „ja, mein lieber Knecht, du hast mir unverdrossen gedient, dafür sollst du mildiglich belohnet werden,“ griff abermals in die Tasche,

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 2 (1837). Dieterich, Göttingen 1837, Seite 128. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder-_und_Haus-M%C3%A4rchen_1837_Band_2.djvu/137&oldid=- (Version vom 1.8.2018)