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freuen. Ach Gott, mir ist ganz übel, so schäme ich mich.“

Da legte sich die Generalin ins Mittel, sie schob Lolo in das Badehaus und sagte: „Für jetzt ist es genug, Bella, das Kind ist angegriffen, geschehen ist geschehen, wir werden ihr mit etwas Baldriantee den Kuß der Jasky wieder wegkurieren.“

Zu Hause schickte Frau von Buttlär Lolo sofort zu Bett, sie selbst legte sich auch hin und Ernestine lief mit Baldriantee treppauf, treppab.

Lolo lag oben in ihrem Zimmer auf ihrem Bett noch immer bleich und schaute mit ihren erregten Augen nachdenklich zur Decke auf. Nini saß neben ihr, sie sprach nichts, sondern schaute Lolo nur wartend an. Endlich begann Lolo zu sprechen, langsam und versonnen: „Ja, sie war herrlich, aber das wußte ich, und daß ich sie werde lieben müssen, das wußte ich auch, aber ich wußte nicht, daß sie etwas an sich hat, das einen weinen machen könnte. Ich hatte so das Gefühl im Halse wie bei ganz rührenden Stellen in Romanen, das ist natürlich deshalb, weil alle so schlecht von ihr sprechen, weil alle so gegen sie sind. Aber ich bin für sie.“ – „Ich auch,“ sagte Nini.

„Du?“ fragte Lolo verwundert, „du kennst sie ja gar nicht.“

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Eduard von Keyserling: Wellen. S. Fischer, Berlin 1920, Seite 72. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keyserling_Wellen.pdf/72&oldid=- (Version vom 1.8.2018)