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„Was sagte er?“ fragte Doralice ängstlich. Hans zuckte die Achseln. „Verrückt wahrscheinlich. Solche kleinen Ungetüme sind gewöhnlich ein wenig verrückt. Kennst du ihn denn?“

Doralice dachte nach. „Gewiß, ich kenne ihn. Ich erinnere mich, auf einer großen Gesellschaft war es, es war spät, alle waren müde und warteten auf die Wagen. Da saß plötzlich dieser kleine Mann neben mir. Seine Füße reichten nicht an den Fußboden, sondern hingen wie bei Kindern frei vom Stuhle herunter. Er sah mir ganz frech in die Augen, wie man das sonst nicht tut, und sagte: Es fällt mir auf, Frau Gräfin, daß jetzt, wo alle schon schläfrig sind, Ihre Augen noch so wach sind, die warten noch. Ich machte wohl ein sehr dummes Gesicht und fragte: Worauf? Da lachte er ganz so, wie er jetzt eben lachte, und sagte: Nun darauf, daß was geschieht, daß was kommt. O, die geben nicht nach, die stehen auf ihrem Posten. – Mir war das unheimlich, ich war froh, als in dem Augenblicke der Wagen gemeldet wurde.“

– „Ich weiß nicht, was du noch immer an allen diesen Erinnerungen hast, erquicklich sind sie nicht,“ versetzte Hans verstimmt.

„Was kann ich dafür,“ verteidigte sich Doralice,

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Eduard von Keyserling: Wellen. S. Fischer, Berlin 1920, Seite 27. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keyserling_Wellen.pdf/27&oldid=- (Version vom 1.8.2018)