Seite:Keyserling Wellen.pdf/227

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Der Geheimrat Knospelius erschien auch wie gewöhnlich, klein und grau, die große Zigarre zwischen den Lippen. „Guten Abend,“ sagte er, „also wir kriegen ein Gewitter.“ Hans protestierte eifrig: „Nicht vor morgen früh. Stibbe weiß das ganz genau, er fährt daher heute nacht hinaus. Ich fahre mit Steege; weit da draußen soll es eine Stelle geben, an der bei solchem Wetter die Butten so fest liegen, daß man sie im Netz wie Kartoffeln aus dem Sande pflügen kann.“

„So, so,“ meinte Knospelius, „also Tatendurst, Tatendurst.“ Sie schwiegen eine Weile und hörten dem klagenden Gesange der Fischersfrauen zu:

„Hecht, du grüner Offizier,
Laufe schnell, es aufzuwecken.“

„Wie diese Melodie sich Zeit nimmt,“ bemerkte Doralice.

„Wer nimmt sich hier nicht Zeit?“ sagte Knospelius. Er liebte es, langsam und sinnend in die Dunkelheit hineinzusprechen, mit seiner tiefen Stimme die Worte klingen zu lassen; „aber die Zeit ist hier auch sozusagen langsamer, die Tage und die Stunden und die Minuten sind hier länger. Wie fern erscheint es mir, daß ich heute

Empfohlene Zitierweise:
Eduard von Keyserling: Wellen. S. Fischer, Berlin 1920, Seite 227. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keyserling_Wellen.pdf/227&oldid=- (Version vom 1.8.2018)