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zu feinen Zügen errötete, seine Augen füllten sich mit Tränen, und mit leidenschaftlich sich überschlagender Stimme begann er zu sprechen: „Ich bleibe immer zu Hause, ich darf nie etwas, ich hocke immer abseits, warum? Was ist mit mir? Bin ich ein Krüppel? Was sollen die Leute davon denken? Ich bin ja lächerlich. Gestern begegnete mir die Gräfin, ich grüße, sie bleibt stehen und fragt: Baden Sie auch? Ich sage ja, aber ich kann ihr nicht sagen, ich darf nicht ins Meer hinein, ich nehme warme Seebäder.“

„Wedig, geh auf dein Zimmer,“ sagte Frau von Buttlär. Wedig war wieder sehr bleich geworden, er stand auf und ging, steifbeinig vor Trotz, hinaus. Am Tische entstand ein Schweigen, alle waren über den Zwischenfall betroffen. Endlich sagte Frau von Buttlär sorgenvoll: „Ich weiß nicht, woher meine Kinder alle das überspannte Wesen her haben.“

„Meine Liebe,“ versetzte Herr von Buttlär und legte seine Hand zärtlich auf die Hand seiner Gattin, „die Genialität haben sie jedenfalls von dir.“ Die Generalin lachte. „Nun ja,“ meinte sie, „es ist das Wetter, das euch alle zu genial macht, aber der Barometer fällt Gott sei Dank.“

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Eduard von Keyserling: Wellen. S. Fischer, Berlin 1920, Seite 107. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keyserling_Wellen.pdf/107&oldid=- (Version vom 1.8.2018)