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Mareile sah auf. Sie war selbst erstaunt über den ruhig überlegten Ton, mit dem sie sagte:

„O nein! Ich fürchte mich nicht.“

„Wollen Sie mit mir heute reiten?“ Günther beugte den Kopf, um Mareile unter den Hut zu sehen. „Sie wollen nicht? Sehn Sie …“

„Doch, warum nicht?“ erwiderte Mareile und lächelte; sie zwang sich zu diesem Lächeln, denn ihre schöne Sicherheit war fort. Günther aber triumphierte. Er schwenkte seinen Hut, rief: „Haio! dann ist ja alles gut!“


Um drei Uhr ritten sie aus. Die Sonne stach durch leichte, graue Wolken. Es war windstill und schwül. Unter den Hufen der Pferde erhoben sich Staubwolken. Grane, von Fliegen belästigt, war unruhig, Mareile mußte achtgeben. Günther gab ihr kurze Verhaltungsmaßregeln: „Wenn sie ausfällt, die Peitsche.“ – „Gut im Zügel halten.“ Mareile war niedergeschlagen. Alles schien ihr bedrückend und feindlich: der heiße Staub, die großen Schnaken, das Schrillen der Feldgrillen. Sie wollte hübsche Gedanken denken, aber diese ließen sich nicht rufen. Eines nur lebte in ihr, niedrig, staubig, wie die Wegwarte am Feldrain, eines nur, ein freudloses, bohrendes, dumpfes Verlangen, von Günther genommen zu werden – nur das … Sie schaute zu Günther hinüber. Sein Gesicht trug einen müden, gequälten Ausdruck. „Wir sind alle traurig,“ dachte Mareile, „der Wald und Günther und Grane und ich.“

Als sie einen Abhang hinabritten, spürten sie den kühlen Hauch des nahen Sees. Da lag er vor ihnen, schwarz und regungslos, eine stumme Trauer.

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Eduard von Keyserling: Beate und Mareile. S. Fischer, Berlin [1903], Seite 97. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keyserling_Beate_und_Mareile.djvu/97&oldid=- (Version vom 1.8.2018)