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her. „Hübsch!“ wiederholte er, „ich dachte, Sie vermeiden mich am Tage. Sie haben mich auf Abendration gesetzt.“ Mareile hörte wohl den Groll heraus, der in Günthers Stimme kochte. „Ja, aber heute kommen Sie mir recht,“ sagte sie einfach.

„Recht oder nicht,“ meinte Günther. „Ich kam, um Ihnen zu – sagen; ja – es geht so nicht. Ich halte es nicht aus, nur so – so – ’n Turnreck für Ihr Herz zu sein – für – für Ihre Kunst zu lieben – was weiß ich. Das ist alles verteufelt dummes Zeug.“ Wirklicher Zorn lag jetzt in seinen Sammetaugen. Mareile wurde ein wenig bleich; ruhig sagte sie: „Ja, dann ist es wohl aus.“

„Aus!“ Günther lachte böse. „Sprechen Sie doch keine Gemeinheiten. Wie kann es aus sein? Man muß doch wissen, was man ist. Irgendwelche Schloßideen sind Ihnen angeflogen. Sie sind nun mal keine weiße, tugendhafte Frau. Sie sind Mareile, Sie zahlen bar. Aber plötzlich wollen Sie so ’n Gemisch von Mareile und Fürstin Elise und Tante Seneïde sein. Das ist unmoralisch. Wollen Sie was von mir? Gut – was wollen – Sie? Ich tue alles.“

Mareile senkte den Kopf und hörte schweigend zu. Wie Peitschenhiebe traf sie die Brutalität von Günthers Worten. Dennoch wünschte sie, er solle weiter sprechen. Die gewaltsamen Worte taten ihr wohl, schnürten ihr die Kehle zusammen, ließen ihr das Blut heiß in die Schläfen steigen.

„Warum sagen Sie nichts?“ fragte Günther ein wenig kleinlaut. „Jetzt hab’ ich Sie natürlich beleidigt? Sie fürchten sich vor mir.“

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Eduard von Keyserling: Beate und Mareile. S. Fischer, Berlin [1903], Seite 96. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keyserling_Beate_und_Mareile.djvu/96&oldid=- (Version vom 1.8.2018)