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Mareile verstand sich auf die Männer. Sie wußte, was jetzt in Günther vorging. Und hatte es nicht so kommen müssen? Sie fühlte wieder in sich etwas wie den Triumph des kleinen, neidischen Mädchens von früher, das vor Beate auch mal etwas voraus haben wollte. Sie streckte sich wohlig. Schon das Gefühl, daß, wie das Evangelium sagt, wieder einmal „eine Kraft von ihr ausgegangen“ war, machte sie froh. Liebte Günther sie, gut, dann wollte sie diese Liebe genießen. Sie war stark genug, um ihn und sich selbst in Zaum zu halten. Aber Liebe ist schön, sie sollte dauern dürfen. Oh! sie würde schon dafür sorgen, daß daraus nicht etwas Häßliches würde. Das sollte eine Liebe werden von Mareilens eigenster Erfindung, wie die Cibò-Rosen. So! damit war sie im reinen. Sie wühlte die Füße tiefer in die Halme, die ihr durch die seidenen Strümpfe stachen. Angenehm war es, klug, stark und schön zu sein! Sie schloß die Augen. Das Blut pochte heiß und unruhig in ihren Adern, als wollte es sie mit einer heimlichen, frohen Botschaft wecken. Mareile griff mit beiden Händen in das Heidekraut, um sich fester an die Erde, an all das Warme, Summende, Wachsende, Zeugende zu drücken. Fern am Rande der Heide lag das Feld, eine goldene Vision. Der Duft reifer Ähren wehte herüber. Dort wurde gearbeitet. Mareile mußte die Mittagzeit verträumt haben.


Die Prassawitz’ aus Kastrow und der General Lassow waren zum Diner geblieben. Die Herren standen in der Gartentüre, steckten die Köpfe zusammen und hörten einer Geschichte des Generals zu, die nicht für Damen war. Die

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Eduard von Keyserling: Beate und Mareile. S. Fischer, Berlin [1903], Seite 88. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keyserling_Beate_und_Mareile.djvu/88&oldid=- (Version vom 1.8.2018)