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sei. Grane gehörte ja jetzt zu Mareile. Plötzlich war Mareile da, in ihrem gelben Morgenkleide, unter dem rosafarbenen Sonnenschirm.

„Ist Grane unser Ritt bekommen?“ fragte sie. Günther hatte so intensiv an Mareile gedacht, daß ihr Erscheinen ihm selbstverständlich erschien.

„O! Grane ist munter,“ sagte er. „Wollen Sie nicht meinem Surhab auch guten Morgen wünschen? Er ist noch im Stall. Er gehört doch auch zu uns vieren?“

„Ja, zu uns,“ meinte Mareile lächelnd.

Sie gingen in den Stall. „Setzen Sie sich, bis ich Grane an die Kette lege,“ sagte Günther. Eine starke Erregung bedrückte seine Stimme; er sprach, als wäre er gelaufen. „Hier ist’s hübsch, nicht? Ich habe es mir hier gemütlich gemacht. Für manche Stimmungen ist dieses hier ein Kapitalort. Hier ist Andacht, finden Sie nicht? Warten Sie! Sprechen Sie nicht. Seien wir stille, damit Sie fühlen, was ich meine. Surhab schaut Sie an, er kennt Sie natürlich.“

Sie saßen auf rotlackierten Stühlen. Rundbogenfenster füllten den Raum mit ruhiger, weißer Helligkeit. Es roch nach Heu und Riemenzeug. Die Pferde atmeten einen feinen Dampf aus, der die Luft erwärmte. Ab und zu klirrte eine Kette, oder ein Huf schlug auf den Boden, und jeder Ton ließ über die blanken Flanken der Tiere ein Zittern hinlaufen.

Günther sah Mareile unverwandt an. „Fühlen Sie’s?“ Mareile nickte. „Es ist,“ fuhr Günther fort, „es ist das Rasseblut, das hier niedergehalten wird. Verstehen Sie das? Ruhig, hübsch, einförmig, still muß es hier sein. Das wilde

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Eduard von Keyserling: Beate und Mareile. S. Fischer, Berlin [1903], Seite 85. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keyserling_Beate_und_Mareile.djvu/85&oldid=- (Version vom 1.8.2018)