„Immer die alte Jacke,“ schnarrte Beckmann, „das Vergnügen wollt ihr, und später sind wir schuld.“
„Wer sagt denn von Schuld, Beckmann,“ flehte Amélie. „Ich frag’ nur, was is nu? Die andern sprechen schon. Ich geh’ zur Frau Gräfin.“
Die weiße Lakaiennase hob sich streng zu den Sternen auf.
„Von mir kein Wort,“ befahl er.
„Aber Beckmann, ich muß doch sagen, wer der Vater zu dem Kind is.“ Amélie weinte nur leise.
„Kein Wort,“ wiederholte Beckmann.
Jetzt schüttelte das Weinen den ganzen, runden Mädchenkörper.
„Hör’,“ sagte Beckmann mit seiner diskreten, leblosen Dienerstimme, „das Flennen hilft so nichts. Wenn du von mir nichts sagst – hm – verstehst du? Wenn du mir nicht den Dienst verdirbst, nachher geb’ ich das Geld, damit du im Dorfe deine Sache abmachst. Das wird hübsch kosten.“ Amélie drängte sich noch an ihn heran, sie lächelte, nahm seine Hand und stützte ihre tränenfeuchte Wange darauf. „Und später – Beckmann – sag’ – später?“ hauchte sie.
„Von später weiß ich nichts,“ meinte Beckmann kühl. „Jetzt muß ich gehn.“ Er wandte sich ab, als bemerkte er es nicht, wie das Mädchen sich auf die Fußspitzen stellte, um mit dem Gesichte an seine schmalen, bleichen Lippen zu reichen.
Als Beckmann fort war, wischte Amélie sich mit der Schürze die Augen und starrte trübselig auf den Hof hinaus, der in der bleichen Schneedämmerung sehr still zwischen den
Eduard von Keyserling: Beate und Mareile. S. Fischer, Berlin [1903], Seite 65. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keyserling_Beate_und_Mareile.djvu/65&oldid=- (Version vom 1.8.2018)