Scharf, das Kind, in Rosa, die Fürstin Elise in Mattviolett. „Wie eine Roggengarbe voll bunter Unkräuter sieht die Gesellschaft aus,“ sagte Günther. Mareile saß zwischen Egon Sterneck und dem Fürsten Kornowitz. In einem blau und rosa Musselinkleide, auf dem Strohhut blau und rosa gestreifte Rosen, „Cibò-Rosen“, wie sie im Modeblatt hießen, war ihre Schönheit heut wieder unmittelbar einleuchtend. Die Haut hatte einen warmen rosigen Ton, in den sich etwas wie Gold mischte. Die tokayerbraunen Augen strahlten. Jeder Mann, der Mareile ansah – bis zu den Waldhütern –, mußte lächeln. Sterneck unterhielt sie. Er sprach beständig mit einer eigensinnigen, gewaltsamen Liebenswürdigkeit, als wollte er keinem anderen Zeit lassen, Mareile anzureden. Der Fürst saß schweigend da, die trüben Augen teilnahmslos in die Ferne gerichtet, als warte er geduldig und kummervoll auf etwas.
Es war köstlich unter dem sonnenwarmen Laubdach. Lichtfunken und Blätterschatten zitterten über die Tafel hin. Große Hummeln verirrten sich in die Gläser. Baumblüten fielen in den Wein und in die Haare der Damen. Alle fühlten sich freier, einander näher, als drüben im Schloß.
Günther unterhielt sich mit der Gräfin Blankenhagen, die heute besonders wild mit ihm kokettierte. Er mußte jedoch immer wieder zu Mareile hinübersehen. Wenn die anderen einem schönen Mädchen den Hof machten, verstimmte es ihn, nicht mehr dabei, ausrangiert zu sein.
Nach dem Frühstück sollten die Damen die Herren in das Feld begleiten. Egon Sterneck nahm, als verstände es sich von selbst, Mareile für sich in Beschlag – – – und
Eduard von Keyserling: Beate und Mareile. S. Fischer, Berlin [1903], Seite 35. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keyserling_Beate_und_Mareile.djvu/35&oldid=- (Version vom 1.8.2018)