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Dame,“ sagte Ziepe und küßte seine Tochter befangen auf den Scheitel. „Wo is Mutter?“

„Du willst wohl deinen Kognak, Vater?“ erwiderte Mareile. Ziepe stand breitbeinig da und sah zu, wie seine Tochter zwischen Spind und Tisch hin und her ging unter dem leisen Klirren der Armbänder. „Hätte nicht pressiert,“ brummte er, setzte sich und aß. Er wußte nichts zu sagen und schalt die Zwillinge. „Immer schlafen, wie die Spanferkel.“

Endlich kam Frau Ziepe im frischen Kattunkleide, die Augen voller Tränen. Ziepe fuhr sie an: „Was, heute wieder das Scheuerweib gespielt? Ich will das nicht. Ich hab’ kein Scheuerweib geheiratet. Wozu is das Mädchen da – Teufel auch!“

Frau Ziepe hörte ihn nicht. „Wie das glänzt!“ sagte sie und strich über den Diamant in Mareilens Ohr. Ziepe erhob sich, ging, froh, seiner vornehmen Tochter aus den Augen zu kommen.

Mareile lehnte sich in die Sofaecke zurück. Die Fliegen summten an den Fensterscheiben; die Suppe nebenan roch immer stärker. Frau Ziepe ging leise hin und her und diente ihrer Tochter, erzählte dabei von der Wirtschaft, den Herrschaften, dem Dienstmädchen. Die fünfzehnjährige Lene kam, kauerte zu Mareilens Füßen nieder und schaute andächtig zu der herrlichen Schwester auf. Das alles war rührend und lieb. Das findet man draußen in der Welt nicht. Und doch, warum ist all das so zum Weinen traurig? dachte Mareile.


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Eduard von Keyserling: Beate und Mareile. S. Fischer, Berlin [1903], Seite 27. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keyserling_Beate_und_Mareile.djvu/27&oldid=- (Version vom 1.8.2018)