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An einem nebelgrauen Oktobermorgen starb die alte Herrin von Kaltin. Beate kniete bleich und tränenlos am Bette der Sterbenden. Günther stand mit gebeugtem Kopfe am Bettende. Seneïde kniete mitten im Zimmer, die Hände betend erhoben. Große Begeisterung schüttelte ihren Körper. Die Nähe des Todes berauschte sie. Die Türen zu dem Saal nebenan standen weit offen, und dort knieten die Dienstboten des Hauses. Alle waren sie da, die breiten, ruhigen Gestalten mit dem schläfrigen Ausdruck, den große Andacht den Gesichtern der Leute aus dem Volke zu geben pflegt. Ab und zu schlich der eine oder der andere an die Türe, um neugierig auf die alte Frau zu sehen, die atemlos dort ihre letzte Arbeit verrichtete.

Wie schwere, feierliche Traurigkeit lag es in dieser ernsten Stunde über dem alten Schloß, über den leeren Zimmern, über Garten und Hof, die wie verlassen schienen; selbst die Hunde, von der Stille und Leere ringsum traurig und schläfrig gemacht, streckten sich seufzend auf der Freitreppe aus.


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Eduard von Keyserling: Beate und Mareile. S. Fischer, Berlin [1903], Seite 121. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keyserling_Beate_und_Mareile.djvu/121&oldid=- (Version vom 1.8.2018)