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Kugel und die Schatten der Wälle waren durch eine schiefe Ellipse, nach Art des gehörnten Mondes, kenntlich, so dass man daraus und auch aus dem Anblick, leicht die Rundung des Mondkörpers erkennen konnte.[UE 1] Die niedrigen fleckigen Parthien waren bedeckt mit einigen leuchtenden Kreisen, Höhlen und Schatten in sich fassend, indessen selten. Man könnte sagen, es seien sumpfige oder schlammige Parthien des Mondes, in denen runde Dämme errichtet seien, die wie ein Wehr die umgebende Flüssigkeit abhalten sollen. Unter diesen war gegen den oberen Rand des Mondes eine, die das deutliche Aussehen einer Spalte zeigte, in der Mitte der Längsrichtung etwas weiter. Nicht bei allen Höhlen war die Unterscheidung des Randes von den übrigen (fleckigen oder sumpfigen) Theilen des Mondkörpers in die Augen springend, sondern sie lief durch alle Abstufungen der Beleuchtung gleichmässig bis zur Auflösung des Schattens. Die meisten grösseren Höhlen hatten in der Mitte das Aussehen wie die runden Scheiben in den Fenstern [Butzenscheiben]; aus der Tiefe der einzelnen Höhlungen ragten nämlich einzelne Berge [Centralberge] hervor, die freilich nicht bis zur Höhe der äusseren Vorsprünge sich erhoben und diese waren wieder in der Mitte vertieft, wie ein Nabel in schwellenden Bäuchen, oder (um ein bekanntes Beispiel zu gebrauchen) wie die Krater des Aetna, was der Schatten derselben erkennen liess.[UE 2] Jedoch verdunkelten sich die Höhen nicht gegenseitig, noch hingen sie zusammen, sondern jede stand für sich, dennoch folgten sich vom unteren Theil des Schnitts (konvex in diesem Falle) schattige kleine Halbmonde, so dass sie eine Reihe einer Art schattiger, elliptischer Bogen darboten. Und so wurden zwei schattige Spalten gebildet, unter einander benachbart, mit dem leuchtenden, aufwärts gebeugten Theil in die Grenze zwischen Licht und Schatten hineinragend, aufgeputzt an beiden Seiten, wie gesagt, durch leuchtende Theile, welche in fortlaufendem Zuge darübergegossen schienen: man könnte sagen, ein sehr langes Thal, welches von beiden Seiten unter vorspringenden Bergen hindurchgeführt und von ihnen, von der Seite betrachtet, gleichsam verdeckt sei.“[UE 3]

So am 17. July des Jahres 1623.

Dies sind also die Erscheinungen, dies die Axiome, aus denen ich die einzelnen durch Buchstaben[UE 4] bezeichneten Noten des Schreibens erklären werde.

In dieser Beschreibung der Mondoberfläche, welche uns Kepler aus

Anmerkungen des Übersetzers

  1. Kepler nimmt hier Gelegenheit, für die Kugelform des Mondkörpers, welche er in den Erklärungen seines Schreibens als Voraussetzung nimmt, noch einen Beweis zu erbringen, und weist noch besonders darauf hin, dass auch der Anblick der Mondscheibe in einem Fernrohr die Rundung erkennen lässt. In der That ist dies ganz besonders in die Augen springend, wovon sich Jeder schon durch ein gutes Opernglas überzeugen kann.
  2. s. Erscheinung XXXI und Taf. II, d.
  3. Jedenfalls hat Kepler hier eins der grossen Kettengebirge auf dem Monde im Auge gehabt; ich vermuthe die Alpen, im Norden der Mondscheibe, deren grosse Querkluft sich im Kleineren Fernrohr ungefähr in ähnlicher Erscheinung zeigt, wie oben beschrieben.
  4. Im Originaltext von 1634 steht ‚literis‘, weil dort die Noten durch Buchstaben bezeichnet sind. Ich habe Zahlen dafür gesetzt.
Empfohlene Zitierweise:
Johannes Kepler: Keplers Traum vom Mond. B. G. Teubner, Leipzig 1898, Seite 169. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keplers_Traum_197.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)