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Tafeln[UE 1] beigegeben. Hier erblickt man einen von zehn Säulen getragenen Tempel, der das Wohnhaus der Astronomie versinnbildlicht. Auf der Zinne des Tempels thront in einem Wolkenwagen die gekrönte Urania in der Hand den Lorbeerkranz, beschützt von dem Adler des römischen Kaiserreichs, der, die Reichsinsignien senkend, Münzen in das Innere des Tempels herabfallen lässt. Den Rand der Kuppel nehmen 6 Figuren ein, die der Reihe nach darstellen: die Physik mit Magnetnadel und Uhr, die Mechanik mit der Waage, die Geometrie mit Zirkel und Winkelmaass neben einer Tafel, auf welcher die keplersche Figur gezeichnet ist, die Arithmetik mit dem Rechenstäbchen des Napier[UE 2] und, gleichsam wie eine Strahlenkrone, um das Haupt den Logarithmus der Zahl 50 000, die Dioptrik mit dem Teleskop, endlich die Optik, deren Haupt die Sonne darstellt, welche die Schatten werfende Erde beleuchtet.

Auch hier also die bevorzugte Stellung der Urania! Die von Kepler aufgeführten 9 Wissenschaften sind die, welche man damals annahm.

Die Chemie wurde nur zusammen mit der Physik ausgeübt und war am wenigsten ausgebildet. Kepler beschäftigte sich viel mit letzterer, denn er meinte, dass die Astronomie und Physik so genau mit einander verbunden seien, dass keine ohne die andere vervollkommnet werden könne. Sein ‚kräftig Wörtchen‘, das er ihr widmet, mag schon zu damaliger Zeit nur allzu berechtigt gewesen sein; wie würde er aber wohl erstaunen, könnte er die Giftmischerleistungen, die die Physik im Bunde mit der Chemie heutzutage, zeitigt, beobachten!

Mit der Beschwörung des Genius der Astronomie durch 21 Buchstaben zollt Kepler seinem Lehrmeister Copernicus seine Verehrung, wie denn sein ganzer Traum eine Verherrlichung des Weltsystems seines grossen Vorgängers bedeutet.

Ich habe das ‚Zauberwort‘ in deutscher Uebersetzung mit ‚Copernicus’ Astronomie‘ wiederzugeben versucht, muss dabei aber freilich den Apostroph mitrechnen, um der Zahl 21 gerecht zu werden; ich darf mich aber wohl mit Kepler trösten, denn ich glaube, dass seine[BN 1]Astronomia Copernicana‘ in grammatischer Beziehung wohl kaum Gnade vor den Augen eines klassischen Philologen finden wird.

Sehr interessant ist die weitere Begründung der Zahl 21 durch die trigonischen Zahlen. Unter diesen versteht man nämlich Glieder einer Reihe figurirter Zahlen der II. Ordnung. Die I. Ordnung ist die Reihe

Anmerkungen des Übersetzers

  1. Tabulae Rudolphinae etc. Ulm 1627. K. O. O. VI.
  2. Napier oder Neper, 1550 zu Merchiston-Castle bei Edinburgh geb., 1617 ebendaselbst gest. Erfinder einer Art Logarithmen [s. C. 94], die er zuerst 1614 veröffentlichte.

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Johannes Kepler: Keplers Traum vom Mond. B. G. Teubner, Leipzig 1898, Seite 039. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keplers_Traum_067.jpg&oldid=- (Version vom 11.5.2019)