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Aus der Uebersetzung Xylanders[1] vermuthe ich zwar, wenn auch unsicher, die Meinung des Philosophen an den fehlenden Stellen; wenn ich im griechischen Text läsen könnte, was den Lücken vorausgeht und was folgt, so würde es besser gehen. Ob ich meine Schrift mit dem Plutarch griechisch-lateinisch zusammen herausgebe? Ob nicht auch Lucians[2] ‚wahre Geschichten‘ werth sind, beigefügt zu werden? Wir wollen auch Dr. Lingelsheim hören, den Du mir empfiehlst und dem ich empfohlen zu sein wünsche. In meiner Abhandlung sind soviel Probleme als Zeilen, welche mit Hülfe theils der Astronomie, theils der Physik, theils der Geschichte gelöst sein wollen. Aber wer wird es der Mühe werth halten, sie aufzulösen? Die Leute wollen, dass man ihnen solches Spielwerk gemächlich hinbiete und mögen die Stirne beim Spiel nicht falten, darum habe ich beschlossen, in Noten, welche fortlaufend dem Text folgen, Alles zu lösen. Dazu kommt noch aus der Beobachtung mit einem vor Kurzem erlangten Telescop [s. Appendix, C. I] ein überaus reicher Stoff in Betreff der Burgen und kreisförmigen Wälle nebst des sie begleitenden Schattens. Was soll ich mehr sagen? Campanella[3] hat vom Reich der Sonne geschrieben, warum ich nicht von dem des Mondes? Thue ich etwas Ungeheuerliches, wenn ich die Cyklopensitten unserer Zeit lebhaft schildere, aber aus Vorsicht die Scene von der Erde auf den Mond verlege? Helfen wird es freilich nicht. Weder Morus[4] mit seiner ‚Utopia‘, noch Erasmus[5] mit seinem ‚Lob der Narrheit‘ blieben unangefochten und mussten sich vertheidigen. Wir wollen lieber das Pech der Politik dahinten lassen und auf den grünen Auen der Philosophie verbleiben. Das Calendarium soll Mütschel in Regensburg abholen und Dir übergeben. – Lebe wohl und Gott befohlen!“ –

Das uns aus der Antwort Berneggers, datirt Strassburg 414 Feb. 1624, Interessirende ist das Folgende:

„D. Lingelsheim hat Alles von Dir, was er bei mir fand, eifrig

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Kepler: Keplers Traum vom Mond. B. G. Teubner, Leipzig 1898, Seite XI. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keplers_Traum_015.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)
  1. Xylander, geb. 1532 zu Augsburg, gest. 1576 in Heidelberg, Professor der griechischen Sprache daselbst.
  2. Lucian, griechischer Schriftsteller und Satiriker, geb. 125 n. Chr. zu Samosata, Syrien, gest. um 210.
  3. Thomas Campanella, berühmter Philosoph, geb. 1568 zu Stilo in Calabrien, gest. 1639 in Paris. Als Irrlehrer gefoltert.
  4. Thomas Morus, engl. Kanzler, geb. 1480 in London, auch als Humanist bedeutend. 1535 hingerichtet.
  5. Desiderius Erasmus v. Rotterdam, geb. 1467 in Rotterdam, gest. 1536 in Basel, berühmter Humanist und einer der gelehrtesten Männer seiner Zeit. ‚Encomium moriae‘ ist eins seiner bekanntesten Bücher.