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bestanden, und ihm endlich das Nöthigste, was der Anstand erfordert, abgerungen, und sie glaubt so ziemlich gut zu bestehen. Aber

als das Sieden und Braten anging, die Feuer prasselten, die Butter brodelte und zischte, die Bettler kamen, als schneie es sie vom Himmel herunter, die Pfannen zu alles verschlingenden Ungeheuern wurden, – Vreneli, so viel es auch hineinwarf, immer frisch wieder angähnten mit weitem, ödem, schwarzem Schlund: da kam die Angst über ihns; aber sie half ihm halt nichts; wie die Sperlinge den Kirschbaum wittern, welcher frühe Kirschen trägt, weit hergezogen kommen mit ihren raschen Schnäbeln und nimmersatten Bäuchlein, so kamen die Bettler daher, vom Duft der brodelnden Butter gezogen, schrien heißhungrig von weitem schon: „Ein Almosen, de tusig Gotts Wille!“ und trippelten ungeduldig an der Thür herum, weil sie vor süßer Erwartung die Beine nicht stille halten konnten. Vreneli begann Schnittchen zu backen, daß es sich fast schämte, so klein und so dünn die Kruste, und alles half nichts; es war, als ob sie Beine kriegten und selbst zuliefen einem Schreihals vor der Thür. Es ward ihm immer himmelängster, für die eignen Leute könnte es gar nicht sorgen. In der größten Noth erschien die Base unter der Küchenthür, wahrhaftig wie ein Engel, und zwar einer von den schwerern, denn sie wog wenig unter zwei Zentnern. Sie stellte einen bedeutenden Butterkübel, den sie hinter Joggeli’s Rücken aus ihrem Keller stibizt hatte, dem besten Schmuggler zum Trotz, auf den Küchentisch.

Schön ist auch Uli’s Hochzeitsfahrt beschrieben. Allein mit seiner Braut fährt er auf einem leichten Wägelchen in den dämmernden Morgen hinaus. Ihr Gesichtchen blüht in der Morgenfrische wie eine Rose, und die zarten schwarzen Spitzen ihrer Haube sind mit noch zarterm silbernem Reif besetzt.

Welche elegische Stimmung weht durch die Scene, wo der alte Erbvetter Hans Joggeli begraben wird! Die Leiche ist auf dem Wege nach dem weit entfernten Kirchhof, und

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Gottfried Keller: [Über] Jeremias Gotthelf. Wilhelm Hertz, Berlin 1893, Seite 119. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keller_Gotthelf_119.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)