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Krüppel und Bettler“ Pachonius, welcher in den Kirchen aus den Gaben gutherziger Menschen die Mittel zum behaglichsten Lebensgenuß sammelte. Zu der sauberen Sippschaft zählt der muffige Rechtsconsulent Dr. Stürmer, der mit der Vereinskassa durchgehende Volks-Freund und -Redner Dr. Stürzer, der Redakteur der „Freien Stimme“ mit allem möglichen Apparat und Zubehör. Als wirklich reine Seelen und erquickliche Charakterfiguren erscheinen der alte arme, durch Abschreiben fremder Arbeiten sein kümmerliches Leben fristende Poet Hieronymus Krümmler und seine treubewährte Tochter Concordia, nebst dem wackern Lehrling Demetrius, welche den Kreislauf der Handlung in glücklicher Weise abschließen. Die Ausführung scheint bisweilen etwas skizzenhaft angelegt, dann wieder in einzelnen Partien voll Fluß und Sicherheit durchgeführt. Die Tendenz gipfelt in dem Gespräche des ehrlichen Krümmler mit dem jungen Demetrius (S. 124):

„Glauben Sie mir, Herr Demetrius! (sagte Krümmler) Ich sehe nun schon eine geraume Zeit dem Treiben der Menschen zu; ich habe ein bewegtes Leben hinter mir und Vieles erfahren, und was ich sage, ist keine unerprobte Theorie, sondern das Resultat wirklicher Erlebnisse. Es bleibt uns keine andere Wahl: entweder Gott oder Mammon. Und das kann ich Ihnen versichern, es gibt keinen schändlicheren Tyrannen als diesen König Mammon. Mag Einer, der sich ihm ergeben, in seinem Reiche eine hohe oder niedere Stelle einnehmen, er ist Sklave und schleppt seine Kette bis an’s Grab. In diesem Reiche gibt es keine Freiheit, keine Sitte, kein Recht, und nichts, was des Menschen Herz beglückt. Treibt der Mammon arme Teufel zu Diebstahl und Mord, so quält er diejenigen nicht minder, die er mit seinen Gnaden zu überhäufen scheint. Ein unersättlicher Durst, noch reicher zu werden, erfüllt das Herz der Reichen und nicht nur der Geizhals, auch der Verschwender ist ein willenloser Knecht dieses grausamsten aller Gewaltigen. Ihm verfallen, verkauft die Jugend ihre Unschuld, das Talent seine Gaben. Der Gauner, der seinem Nebenmenschen den Hals abschneidet,

Empfohlene Zitierweise:
Joseph Kehrein: Der bayerische Dichter Franz Bonn. In Commission der Literarisch-artistischen Anstalt, München 1881, Seite 605. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kehrein_Franz_Bonn.djvu/13&oldid=- (Version vom 1.8.2018)