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„Den Brunnen,“ sagte Anastasius, „aus dem dieser Becher geschöpft wurde, verschüttet sofort! Er muß in der nächsten Nähe des Drachengrabes liegen und das giftige Blut des toten Untieres hat sich mit seinem Wasser vermischt.“

Die Bürger taten so, wie er ihnen geraten hatte, und das rätselhafte Sterben hörte mit einem Male auf. Nun war die Freude in der Stadt noch größer. Im Bewußtsein ihrer doppelten Rettung schwoll den Bürgern der Mut und sie beschlossen alle zusammen, in Massen auszuziehen und den bösen Raubritter, der vor ihren Toren hauste, zu verjagen. Zwar hatte er viele Knappen und Knechte und auch sonst viele Helfershelfer im Lande und so war es gewiß, daß dieser Kriegszug viel Blut kosten würde; ja es war auch gar nicht so sicher, ob nicht die Bürger von dem übermächtigen Feinde geschlagen würden; aber das alles schreckte sie in ihrer fröhlichen Zuversicht nicht ab. Als aber Anastasius davon erfuhr, da schüttelte er den Kopf und sagte:

„Wenn ich euch vor Mäuseplage und Drachengift gerettet habe, so werde ich euch auch von dem bösen Raubritter befreien, und zwar ohne daß auch nur ein Tröpflein Blut fließen soll!“

Damit war nun die kriegerische Jugend der Stadt gar nicht einverstanden; aber die ältere Bürgerschaft nahm das Anbot des Anastasius dankbar an und vertraute sich gerne seiner Kunst.

Daraufhin kleidete sich Anastasius prächtig wie ein ritterlicher Junker, lieh sich ein stattliches Roß und ritt dann nach der Burg des Raubritters hinüber.

Der saß gerade bei der vollen Weinkanne in der geräumigen Halle seiner Burg, als ihm ein Gast gemeldet wurde, der zwar seinen Namen nicht nennen wolle, der aber seinem ganzen Aussehen nach ein stolzer Edelmann sein müsse. Er ließ ihn eintreten, fand gleich Gefallen an seinem feinen Anstand und lud ihn darum, ohne erst lange nach Namen und Stand zu fragen, fröhlich ein, an seiner Seite Platz zu nehmen und ihm bei einer zweiten Kanne Weines Bescheid zu tun.

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Rudolf Slawitschek: Anastasius Katzenschlucker, der große Zauberer. Vlg. des Deutschen Kulturverbandes, 1929, Seite 54. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Katzenschlucker.djvu/50&oldid=- (Version vom 21.5.2018)