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„Hört, ihr Herrn, und laßt euch sagen,
die Uhr hat eben zwölf geschlagen;
bewahrt das Feuer und das Licht
und esset gebratene Katzen nicht!“

Anastasius war von dem Hornruf und dem nachfolgenden Gesang jäh aus dem Schlaf gefahren und hatte sich zornig den letzten Schlummer aus den Augen gerieben. Das war doch die höhere Bosheit von diesem Nachtwächter! Freilich war von dem nichts mehr zu hören und Anastasius hätte sich ruhig nach der anderen Seite umdrehen und weiterschlafen können, aber der Ärger hatte ihm den Schlummer gründlich verscheucht. Nun hätte er sich ja leicht einen neuen Schlaf herbeizaubern können; aber er war von Natur aus etwas rachsüchtig und darum schien es ihm wichtiger, den Nachtwächter sogleich zu bestrafen als weiter der Ruhe zu pflegen.

Ohne viel nachzudenken, war er gleich auf das Richtige gekommen. Und so schwang er denn sofort seinen Zauberstab und sagte sein Sprüchlein her. Dann riß er das Fenster auf, um sich an seinem Werke zu freuen: Richtig, dort hopste der Nachtwächter und schrie, daß ihm der Boden unter den Füßen versinke; und der Marktbrunnen überfloß in Strömen und rasch breitete sich sein Wasser über den ganzen Platz, der im Handumdrehen ein einziger großer Teich war. Nur mit großer Mühe hatte sich der Wächter der Nacht vor dem sicheren Ertrinkungstode gerettet.

Anastasius aber stand am Fenster und betrachtete zufrieden die im Mondschein glitzernde Wasserfläche. Dabei fiel ihm ein, wie er als kleiner Bub so gerne Fische gefangen hatte. Und wie das so geht, mit der Erinnerung kam der heiße Wunsch, wieder einmal zu fischen. Viele Jahre hatte er es ja nicht getan, denn hier in der Stadt hatte es ihm immer an der Zeit wie an der Gelegenheit dazu gefehlt.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Slawitschek: Anastasius Katzenschlucker, der große Zauberer. Vlg. des Deutschen Kulturverbandes, 1929, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Katzenschlucker.djvu/20&oldid=- (Version vom 21.5.2018)